Essen & Trinken

An, Ein, Aussichten mit Louis Roederer

Das 35. Jubiläum des TOP Magazin RUHR ruft nach einem besonderen Thema. Was wäre hier also besser geeignet als eines der edelsten Getränke überhaupt: Champagner. Schäumend und spritzig verkörpert Champagner wie kaum ein anderer Tropfen den Inbegriff von Lifestyle, Luxus und purem Lebensgefühl. Dennis Ihle und Markus Del Monego sind auf Spurensuche nach der Herkunft dieses faszinierenden Getränks gegangen und bei Champagne Louis Roederer fündig geworden.


 

Die legendäre Camille Roederer, eine der einflussreichen Champagner-Witwen und Urgroßmutter von Frédéric Rouzaud. Ihr zu Ehren wurde die Cuvée Camille kreiert.

 

Frédéric Rouzaud trifft man im Weinberg. Dort ist der Generaldirektor eines der letzten großen privaten Champagnerhäuser gerne. „Die Natur verzaubert und beeindruckt uns ganz besonders. Wir arbeiten beständig daran, ihren Zauber mit unseren Weinen einzufangen“, meint der Urenkel von Camille Roederer, eine der großen Champagnerwitwen. Und er beweist diesen Gedanken jeden Tag. Dem Gründer des Hauses würde diese Philosophie gefallen, denn als Louis Roederer im Jahr 1833 das Weingut erbte, hatte er eine Vision vor Augen. Das Weingut sollte erweitert werden, um alle Schritte der Weinbereitung zu kontrollieren. Damit legte er den Grundstein für einen einzigartigen Stil, der die Champagner des Hauses, das seinen Namen trägt, bis heute auszeichnet. Grundlage dieses Erfolgs waren und sind noch heute die eigenen Weinberge.

 

Mit Pferd und Pflug im Weinberg: So wird der Boden schonend bearbeitet und nicht verdichtet, wie es bei schwerem Gerät der Fall wäre

 

Louis Roederer Eine Zeitreise im Glas

 

Frédéric Rouzaud ist heute an der Spitze des Hauses Louis Roederer

Mitte des 19. Jahrhunderts setzten die berühmten Häuser der Champagne nicht auf eigene Rebflächen, man kaufte die Trauben von Winzern. Entgegen der damaligen Gepflogenheiten machte sich Louis Roederer mit dem Charakter jeder einzelnen Parzelle, die ihn interessierte, vertraut und konnte so die besten Lagen für sein Haus sichern. Er war der festen Überzeugung, dass nur diese Vorgehensweise einen großen Wein hervorbringen würde. Sein Nachfolger Louis Roederer II. führte mit dem gleichen instinktiven Wagemut die Vision der Champagner-Erzeugung und den Ausbau des Weingutes fort. Er war viel gereist, ein Forschergeist und Innovator. Für den russischen Zaren kreierte er eine eigene Cuvée, die unter dem Namen „Cristal“ weltberühmt wurde und gleichermaßen die erste Prestige-Cuvée in der Geschichte der Champagner war. Diese Cuvée sollte den legendären Ruf des Hauses begründen. Nach dem ersten Weltkrieg setzt sich der Erbe des Hauses, Léon Olry Roederer, zunächst für den Wiederaufbau des Weingutes ein. Doch er hatte mehr im Sinn: eine konstante, ausgewogene Cuvée zu schaffen, die auf Basis mehrerer Jahrgänge eine gleichmäßig perfekte Qualität garantieren würde. Seine Idee wurde später zum Klassiker des Hauses, dem Brut Premier und war von Anfang an von Erfolg gekrönt. Nach seinem Tod schlug die Stunde sei ner beeindruckenden Gattin, die sich schnell in die Phalanx der legendären Champagnerwitwen einreihen sollte. Camille hatte nicht nur ein lebhaftes Temperament und eine enorme Energie, Ihrem Urenkel nach soll sie auch über einen durchaus schelmischen Geist verfügt haben. Sie begeisterte sich für Pferderennen und besaß einen der berühmtesten Rennställe weltweit. Am Herzen lagen ihr aber die Champagne und das eigene Haus, dessen Ruf sie weiter vorantrieb. Sie hatte dafür auch die richtigen Trümpfe in der Hand: die wunderbaren Parzellen von Aÿ, Avize, Cramant, Mesnilsur-Oger, Mareuilsur-Aÿ und Cumières, die ihr Mann Léon nach der Reblauskrise erworben hatte. Sie sind bis heute der große Schatz des Hauses und das Fundament des einzigartigen Stils seiner Champagner. 1975 folgte ihr Enkel Jean-Claude Rouzaud, ein Önologe und Agrarwissenschaftler, an die Spitze des Hauses. Er ordnete das Portfolio der Böden neu und widmete sich voll Erfindergeist, der in dieser Familie offensichtlich von Generation zu Generation vererbt wird, den Qualitäten auf Flaschen. Auch sein Sohn, Frédéric Rouzaud hält diesen Erfindergeist aufrecht. Nicht zuletzt mit der neuen Kreation, einer Kollektion von Einzellagenweinen. Eine Idee, die dem Geist seiner Urgroßmutter wohl gefallen hätte. Diese neue Kollektion ist eine Sammlung feinster, flüssiger und perlender Kunstwerke. Doch als Künstler sieht sich der Erfinder nicht. „Künstler sind nicht wir. Unser großer Künstler ist die Natur. Wir setzen lediglich um, was sie uns zu geben bereit ist. Unser Beruf ist es, Teil dieses Meisterwerks zu sein, das sich aus der Zusammenarbeit von Mensch und Natur ergibt, und unseren Lagen in der Champagne zu ihrer reinsten Ausdrucksform zu verhelfen.“ So entsteht der unverwechselbare Stil des Hauses, der mit aromatischer Tiefe, kristalliner Frische und einem unverwechselbaren Charakter punkten kann. Zum Abschluss sind wir wieder bei Frédéric Rouzaud im Weinberg, dort, wo alles beginnt, aber ohne vorausschauende, mutige und innovative Menschen kaum in das umgesetzt werden könnte, was wir so schätzen: ein Glas Champagner, das mehr ist als nur feinster Genuss, ein Glas, das einen ganzen kulturellen Kosmos in sich vereint.

 

 

 

Artikel von www.top-magazin.de/ruhr