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Warum digitalisierte Medizin künftig auch bei von Coronaviren verursachten Epidemien helfen wird.

Das Coronavirus bestimmt derzeit die Schlagzeilen. wie gefährlich ist das Virus tatsächlich, gerade für einen Ballungsraum wie die Metropolregion Ruhr? Und kann digitalisierte Medizin bei der Bekämpfung der Krankheit helfen? Wir sprachen dazu mit Prof. Dr. Jochen A. Werner, dem Vorstandsvorsitzenden und Ärztlichen Direktor der Universitätsmedizin Essen.


Prof. Dr. Jochen A. Werner Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender Universitätsklinikum Essen

 

Das Coronavirus bestimmt derzeit die Schlagzeilen. wie gefährlich ist das Virus tatsächlich, gerade für einen Ballungsraum wie die Metropolregion Ruhr? Und kann digitalisierte Medizin bei der Bekämpfung der Krankheit helfen? Wir sprachen dazu mit Prof. Dr. Jochen A. Werner, dem Vorstandsvorsitzenden und Ärztlichen Direktor der Universitätsmedizin Essen.

 

Was können Sie uns aktuell zum Stand sagen?

Aus medizinischer Sicht handelt es sich um das SARS-CoV-2 Virus aus der Gruppe der Coronaviren. Hierzu gehörte auch das SARS-CoV Virus, das im November 2002 zum schweren Atemwegssyndrom mit weltweit über 800 Toten führte. Waren damals vor allem die unteren Atemwege betroffen, führt das aktuelle SARS-CoV-2 Virus vor allem zu Erkrankungen der oberen Atemwege. Die Spanne reicht dabei von gewöhnlichen Erkältungen bis hin zu gefährlichen oder potenziell sogar tödlichen Formen.

Wie können wir uns schützen?

Der Hauptübertragungsweg für das SARS-CoV-2 Virus ist die Tröpfcheninfektion. Dies kann entweder direkt von Mensch zu Mensch über die Schleimhäute der Atemwege geschehen, aber auch indirekt über die Hände, die dann mit Mund- oder Nasenschleimhaut sowie der Augenbindehaut in Kontakt gebracht werden. Die effektivsten Maßnahmen sind daher die gleichen wie bei anderen Virus-Infektionskrankheiten, also vor allem eine gute Handhygiene durch häufiges und gründliches Händewaschen sowie der Verzicht auf den üblichen Hand-Shake. Wir sollten etwa zwei Meter Abstand von krankheitsverdächtigen Menschen halten und nur in die Armbeuge niesen oder husten, nicht in die Hand.

Welche Konsequenzen wird eine weitere Verbreitung des Virus in Deutschland und international haben?

Das ist seriös heute noch nicht vorherzusagen. Das Coronavirus ist rein medizinisch gesehen vor allem gefährlich für vorerkrankte Menschen mit einem eingeschränkten Immunsystem. Die Folgen einer weiteren Verbreitung wären möglicherweise vergleichbar mit einer schweren Grippewelle, wie wir sie ja bereits mehrfach in Deutschland verzeichnet haben.

Neben der Zunahme an Erkrankungen wäre aber insbesondere das Gesundheitssystem an sich gefordert. Die medizinische Grundversorgung würde stark belastet, weil verdächtige oder tatsächlich infizierte Patienten isoliert behandelt werden müssten. Dies wird natürlich Kapazitäten aus anderen medizinischen Bereichen binden. Zudem beobachten wir bereits heute, dass medizinische Schutzkleidung zur Mangelware wird, die vor allem in China produziert wird. Auch die Medizin hat inzwischen, ähnlich wie andere Industriezweige, eine hochkomplexe, internationale Produktions- und Wertschöpfungskette für Medikamente, aber auch Kleidung und andere Ausrüstungsgegenstände. Wenn diese Kette gestört wird, hat dies auch Auswirklungen auf die einzelnen Gesundheitsmärkte und Gesundheitssysteme.

Welche Rolle kann eine digitalisierte Medizin im Umgang mit solchen Ereignissen spielen?

Digitalisierung wird entscheidend beim Umgang mit einer Epidemie helfen. Es wird zum Beispiel möglich sein, gestützt auf Algorithmen und Künstliche Intelligenz, den Materialverbrauch an Schutzkleidung entsprechend hochzurechnen, zu optimieren und sich darauf vorzubereiten. Bereits heute nutzen wir an der Universitätsmedizin Essen Algorithmen, um in unseren Häusern das Betten- und Gerätemanagement zu verbessern und diese Assets optimal einzusetzen. Das Grundprinzip ist das Gleiche. Aber auch vermeintlich profane Dinge wie digitalisierte Desinfektionsspender, die passgenau die notwendige Menge Flüssigkeit spenden, tragen dazu bei, notwendige Ressourcen zu schonen. Und schließlich wird das Smart Hospital mit seiner Fokussierung auch für eine effizientere Kommunikation sorgen. Unser digitales Service- und Informationscenter beispielsweise kanalisiert Anrufe von besorgten Patienten, gibt erste Ratschläge und verbindet dann zum richtigen Ansprechpartner. So werden nicht nur unsere Patientinnen und Patienten optimal betreut, auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden von überflüssiger Administration entlastet.

Gibt es noch weitere Felder, wo die Digitalisierung helfen kann?

Ja, die gibt es. Der Einsatz Künstlicher Intelligenz wird dabei helfen, den Charakter und die Ausbreitung von Viren besser zu verstehen. Auch bei der Diagnose von Covid-19 können im Rahmen der Bildgebung Algorithmen eingesetzt werden, die das Muster des Befalls der Lunge schneller und präziser erkennen. Außerhalb des klinischen Bereiches sehe ich vor allem KI-gestützte Rechenmodelle, die auf Grundlage Künstlicher Intelligenz die Verbreitung und das Ausbruchsverhalten von Krankheiten hochrechnen. Dies hilft den betroffenen Regionen und Ländern, sich bestmöglich auf die Situation vorzubereiten. Ich bin davon überzeugt, dass nicht nur im aktuellen Fall, sondern insgesamt die Digitalisierung helfen wird, die Medizin wesentlich besser und menschlicher zu machen.

Artikel von www.top-magazin.de/ruhr