Schauspielerin Friederike Becht setzt sich für Rechte der Indigenen im Regenwald ein
Rund 10000 Kilometer sind es von ihrer Heimatstadt Bochum bis an den Oberlauf des Amazonas. Doch die Bilder des brennenden Regenwalds in Südamerika brachten der Schauspielerin Friederike Becht die Situation schlagartig wieder nahe. „Im vergangenen Jahr war ich erstmals im Amazonas-Regenwald und konnte dort mit den Naporuna-Indigenen zusammenkommen“, berichtet die 33-jährige Schauspielerin. „Die Begegnungen im Grenzgebiet des Tieflands von Ecuador und Peru haben mir gezeigt, wie bedroht der Regenwald ist. Die Waldbände sind nur ein Faktor der Zerstörung dieser einzigartigen Lebenswelt.“
Zehntausende Brände, viele von ihnen bewusst gelegt, zerstörten im Sommer und Herbst dieses Jahres riesige Regenwaldflächen in Brasilien, Bolivien, Kolumbien und Peru. Zusätzlich wurden am Amazonas mehr Bäume gefällt als jemals zuvor: Um 13 Prozent lag die Abholzungsrate in Brasilien über der bisherigen Höchstquote aus dem Jahr 2013. „Doch kaum jemand spricht angesichts dieser Zerstörungen von den Menschen, die im Amazonas-Regenwald leben“, klagt Friederike Becht. „Die indigenen Völker dort nennen den Regenwald ihre Heimat. Und diese Heimat wird ihnen genommen.“ Nicht nur durch die Waldbrände und Rodungen, sondern auch durch die industrielle Ausbeutung des Regenwaldes: „Ich habe die riesigen Ölförderungsanlagen und langen Pipelines quer durch den Regenwald gesehen“, sagt die Schauspielerin. „An anderen Orten gefährden der Bau von Wasserkraftwerken und gigantische Soja-, Zuckerrohr- oder Palmölplantagen den Regenwald und damit die Heimat der Indigenen.“
Friederike Becht war Ensemble-Mitglied des Bochumer Schauspielhauses und spielte zudem in Hamburg, Berlin, Zürich und Freiburg. Seit einigen Jahren ist sie zudem in zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen zu sehen, so in den Fernseh-Mehrteilern „Parfum“ und „Brecht“ sowie den Spielfilmen „Die Vierhändige“ und „Hannah Arendt“. Mit dem Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat, das in Essen zu Hause ist, war die 33-Jährige im Grenzgebiet von Ecuador und Peru unterwegs und konnte die Lebenswelt der Indigenen vom Volk der Naporuna kennenlernen.
„Mir war es ein Anliegen, die Realität der indigenen Völker kennenzulernen“, sagt Friederike Becht. „Und mir war klar, dass es dazu einer langen Reise bedurfte.“ Von der ecuadorianischen Hauptstadt Quito, im Hochland Ecuadors gelegen, ging es hinab ins Tiefland des Yasuní-Nationalparks – nicht nur ein Temperaturunterschied von mehr als 20 Grad. Es galt auch, das Fortbewegungsmittel zu wechseln: „Die Naporuna erreicht man nur mit dem Boot.“
Zehn Stunden dauert die Reise flussab bis nach Nueva Rocafuerte. „Zurück sind es dann meist zwölf Stunden, weil das Boot gegen die Strömung fährt“, lacht eine Mitreisende und zwängt sich mit Friederike Becht in das schmale, lange Boot. Gemeinsam mit 50 anderen Reisenden, meist Indigenen aus den Dörfern am Fluss, geht es Richtung peruanische Grenze. Wasser, das Ufer, Bäume, darüber der Himmel. Der Río Napo, ein Nebenfluss des Amazonas, ist hier, noch mehr als 3000 Kilometer von der Mündung in den Atlantik entfernt, bereits mehr als hundert Meter breit. Am Ufer leuchten immer wieder Flammen aus Gasfackeln auf, die als lange Rohre aus dem Grün des Urwalds herausragen. Hier, an der Grenze zum Yasuní-Nationalpark im Nordosten Ecuadors, werden seit 2016 stetig mehr Bohrlöcher in den Urwaldboden getrieben – auf Land, das eigentlich den Indigenen gehört.
Friederike Becht erfährt von ihren Mitreisenden, dass es nahezu unmöglich sei, die Rechte der indigenen Völker auf ihr angestammtes Land durchzusetzen: „Die Regierung interessiert das nicht“, sagt Hernán Monteros, Rechtsanwalt in der Regionalhauptstadt Coca. „Mit den Dörfern wurden Verträge geschlossen, ohne dass sie Rechtsbeistand hatten. Sie erhielten einen Fußballplatz, und die Millionengewinne aus der Erdölförderung stecken sich andere ein.“
Friederike Becht hat sich vorgenommen, das alltägliche Leben der Naporuna kennenzulernen. Als am späten Nachmittag das Boot in Alta Florencia ankommt, ist Daisy Alvarado, die Chefin des Dorfes, erstaunt: „Ich will mit euch auf dem Feld arbeiten“, war die Antwort der deutschen Schauspielerin auf die Frage, was sie denn morgen machen wolle. Und so geht es am Morgen mit einem kleinen Boot zu einem nahe gelegenen Bereich, auf dem Yuccapflanzen stehen: „Die Yucca ist so etwas wie unsere Kartoffel“, erklärt Daisy. Die Knollen müssen ausgegraben und gesäubert werden, all das geschieht mit der Machete. Der Tragekorb, den sich Friederike Becht anschließend auflädt, ist schwer. Im Boot angekommen, wird die Yucca sofort geschält: Hier in den Tropen muss das Essen schnell zubereitet werden. Daisy arbeitet zudem als Köchin in einer Lodge. Mit ihrer Kochkunst hat sie schon nationale Preise gewonnen, auch weil sie ausschließlich lokale Zutaten verwendet. Mit ihrem Mann Fernando bewirtschaftet sie kleine Felder im Regenwald und sorgt, gemeinsam mit anderen Familien aus dem Dorf, in einer Baumschule für Setzlinge: „Die Ölförderung und auch der illegale Holzabbau zerstören immer mehr Bäume, wir wollen dafür sorgen, dass hier auch in Zukunft Bäume wachsen.“ Rund 15 Jahre, so haben Experten errechnet, wird es dauern, die Erdölvorkommen im Tiefland Ecuadors auszubeuten. In dieser Zeit werde wohl auch die Lebensgrundlage der Indigenen am Río Napo vernichtet. „Die Zerstörung der Lebenswelt der Völker am Amazonas geht auch uns etwas an“, urteilt Friederike Becht. „Denn die Indigenen sind die wahren Umweltschützer, sie schützen mit ihrer Art zu leben den Amazonasraum, die Lunge unseres Planeten.“
Einige Monate später wird die Schauspielerin an diese Erlebnisse erinnert, als sie in Berlin an einer Tagung des Hilfswerks Adveniat gemeinsam mit dem panamazonischen Netzwerk Repam teilnimmt. In der nordrheinwestfälischen Landesvertretung in Berlin stellen die Organisationen einen umfangreichen Bericht zur Lage der Menschenrechte bei den indigenen Einwohnern des Amazonas-Regenwaldes vor und dokumentieren darin zahlreiche Menschenrechtsverletzungen. Rosildo da Silva vom Volk der Jaminawa Arara in Brasilien berichtet ihr von Goldsuchern, Holzfällern und der Sojaindustrie, die immer tiefer in das Land der Indigenen vordringen – obwohl dies eigentlich durch ein brasilianisches Gesetz geschützt sein sollte. „Die Regierung hält sich nicht daran“, sagt Rosildo. Die Tage im Regenwald haben die Bochumer Schauspielerin tief beeindruckt. In Fernsehsendungen, aber auch bei Treffen von Unterstützern des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat hat sie von ihrer Reise berichtet, engagiert sich seitdem als Botschafterin für Adveniat und die Menschen am Amazonas. Für die Schauspielerin steht fest: „Alle Menschen haben ein Recht auf Heimat. So wie Menschen durch Kriege vertrieben werden, so werden im Amazonas-Tiefland die Indigenen durch den Raubbau der Rohstoffe und die Verschmutzung der Flüsse und des Grundwassers vertrieben. Ich setze mich gemeinsam mit dem Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat und dem Amazonas-Netzwerk Repam für die Rechte der indigenen Völker ein.“ Im nächsten Jahr möchte sie daher an den Amazonas zurückkehren und weitere Adveniat-Projekte kennenlernen.
Das LateinamerikaHilfswerk Adveniat steht für kirchliches Engagement an den Rändern der Gesellschaft und an der Seite der Armen. Seinen Sitz hat das Hilfswerk in Essen, Vorsitzender ist der Essener Bischof FranzJosef Overbeck. Getragen wird das Werk von hunderttausenden Spenderinnen und Spendern – vor allem auch in der alljährlichen Weihnachtskollekte am 24. und 25. Dezember. Adveniat finanziert sich zu 95 Prozent aus Spenden. Die Hilfe wirkt: Im vergangenen Jahr konnten rund 2000 Projekte in Lateinamerika und in der Karibik gefördert werden, die mit mehr als 36 Millionen Euro genau dort ansetzen, wo die Hilfe am meisten benötigt wird: an der Basis, direkt bei den Armen. Mehr Infos unter www.adveniat.de