Der 43-jährige Kunstwissenschaftler Peter Gorschlüter ist seit einem Jahr Direktor des Museum Folkwang.
Herr Gorschlüter, Sie sind seit einem Jahr Direktor des Museum Folkwang. Was gibt es Neues bei Ihnen?
Aktuell freue ich mich auf die Eröffnung der Sammlungspräsentation „Neue Welten“. Wir haben sämtliche Sammlungsräume neu eingerichtet und Werke wieder aus dem Depot geholt. Es gibt von Rudolf Bellings winziger Kühlerfigur für die Horch-Automobile bis hin zur überlebensgroßen Pinocchio-Skulpturengruppe des Pop-Art-Künstlers Jim Dine wirklich viel zu entdecken. Neuerwerbungen und auch lange nicht gezeigte Werke der Malerei, Fotografie, Grafik und Weltkunst werden gemeinsam ausgestellt. Aber vor allem ergeben sich daraus neue Zusammenhänge, denn die Werke werden erstmals medien- und epochenübergreifend präsentiert.
Wie kann man sich das als Besucher vorstellen? Wie sind die Werke geordnet?
Es gibt statt einer chronologischen Anordnung 24 thematische Räume. Jeder dieser Räume ist nach einem Werk benannt, das den Pulsschlag für den Raum vorgibt. Unter diesen Ankerwerken sind so berühmte Gemälde wie „Lise mit dem Sonnenschirm“ von Auguste Renoir, aber auch überraschende Werke wie das satirische Plakat „Der Fisch im Schafspelz“.
Allen gemeinsam ist, dass sie von Neuanfängen, Aufbrüchen und neuen Zeiten handeln. So greift auch der Titel der Präsentation „Neue Welten“ aktuelle gesellschaftspolitische Themen wie Migration, Bilderflut und Fake News in den Sozialen Medien auf. Es geht uns um einen zeitgenössischen Blick auf eine historisch gewachsene Sammlung.
Wie sind Sie bei der Entwicklung der Sammlungspräsentation vorgegangen?
Entwickelt haben wir sie im Team, mit allen Kuratorinnen und Kuratoren, den Kolleginnen und Kollegen der Bildung und Vermittlung, der Kommunikationsabteilung sowie den Restauratorinnen. Über Wochen und Monate begleiteten uns Gespräche, Vorschläge und gegenseitige Anregungen. Das hat eine große Offenheit verlangt. Für mich war der Prozess nicht nur inspirierend, sondern ein Crashkurs im Kennenlernen der umfangreichen Sammlungsbestände des Museums.
Sie eröffnen am 21. Juni die neue Sammlungspräsentation mit einem 24-h-Event?
Ich bin Ende Juni ein Jahr am Museum Folkwang. Wir haben in dieser Zeit gemeinsam viel bewegt. Die neue Sammlungspräsentation ist eines der deutlichsten Zeichen dafür. Und dieses Signal möchten wir auch senden. „Neue Welten“ steht auch für eine Öffnung des Hauses zu den Menschen in der Stadt, der Region sowie darüber hinaus und dafür, das Museum zugänglicher und offener zu machen.
„Die neue Sammlungspräsentation empfinde ich als total mutigen Schritt. Es ist richtig, auch mal etwas Neues auszuprobieren – fern der typischen Museumshängungen. NEUE WELTEN bringt frischen Wind in unsere Sammlungsräume.“
Jens Nober fotografiert seit 1987 alle Werke des Museum Folkwang. Seine Reprofotografien sind in den Ausstellungskatalogen oder auf Plakaten zu sehen. Oft kommt er mit seiner Linse ganz nah an die Objekte heran.
„NEUE WELTEN zeigt, wie gut es wirklich funktioniert, Werke aus unterschiedlichen Gattungen zu kombinieren: Fotografie mit Weltkunst oder Gemälde mit Plakaten. Kein Werk verliert dabei – im Gegenteil, unser Ansatz ermöglicht ganz neue Blickwinkel auf die Kunst.“
„Ich freue mich sehr, dass nun Gemeinsamkeiten verschiedener Kunstwerke über die Zeiten hinweg erfahrbar werden. Besonders gut kann man dies bei den großformatigen Gemälden von Claude Monet und Mark Rothko erleben. Man kann beinah in den Farbraum beider Werke eintauchen.“
„Ich denke, dass diese thematische und medienübergreifende Präsentation der Sammlung junge Menschen direkt abholt. Sie entspricht mehr unseren Lebenswelten und unserem Blick auf die Welt. Und NEUE WELTEN sind doch immer eine Reise wert.“
„Während des Umbaus begeisterte uns die gute und intensive Zusammenarbeit mit allen Kolleginnen und Kollegen aus den unterschiedlichen Abteilungen. Wir konnten alle gemeinsam auf Entdeckungsreise gehen und wurden immer wieder von der Vielseitigkeit der Sammlungen überrascht.“