Essen & Trinken

Olivenöl – Das flüssige Gold aus Istrien

Wenn nach der Sommersaison die Ruhe in Istrien einkehrt, die Strände menschenleer sind, es in den Hügeln frischer wird, die Bäume ihre Farben wechseln und ein herrlicher Duft in der Luft liegt, kündigt sich der Herbst an. Das ist die Zeit für die Olivenernte.


Igor Albanese führt in Bottrop erfolgreich die Musik- und Eventagentur Albanese Music. Außerdem liebt er das Olivenöl aus seiner Heimat.

 

Istrien, bereits im alten Rom „Terra Magica“ (Magisches Land) genannt, ist seit über 3 Jahrtausenden von Oliven und Olivenöl geprägt. Der Olivenbaum ist das Symbol des Friedens und des Ruhmes, seine Zweige wurden in die Siegeskränze der Imperatoren geflochten. Das Öl aus seinen Früchten ist kein gewöhnliches Lebensmittel, es ist eine Medizin und es ist faszinierend. Der Olivenbaum gehört zu den ältesten Baumsorten der Welt, ein heiliger Baum, das Symbol für Fruchtbarkeit, Reichtum, Weisheit und Kraft. Er ist extrem widerstandsfähig, verträgt tiefe Kälte im Winter und glühende Hitze im Sommer.

Die Produktion des Olivenöls in Istrien ist mehrere tausend Jahre alt. Durch das spezifische Mikroklima und die Bodenbeschaffung ist Istrien für den Olivenanbau „von Gott auserwählt“. In Istrien leben Menschen lange, im Durchschnitt über 90 Jahre. Die Gründe sind das gute Klima, ausgewogenes Essen, wenig Stress oder ein anderer Umgang damit, die selbst gemachten Weine und nicht zuletzt das Olivenöl.

Der tägliche Olivenöl-Konsum schützt vor Krankheiten und stärkt das Immunsystem. Das Olivenöl ist auch ein bekanntes kosmetisches Produkt, das der Haut, den Haaren und Nägeln Vitalität, Glätte und Glanz verleiht, aber auch als Mittel für die schöne und ausgewogene Sommerbräune dient.
Als Kind habe ich Olivenöl gehasst. Meine Mutter hat mich im Sommer täglich mit dieser, für mich damals übelriechenden, dickklebrigen Masse eingerieben, um meine Haut vor der Sonne zu schützen. Damals in den 60ern ist uns die über 2.000 Jahre alte Olivenöltradition Istriens nicht bewusst gewesen. Mein Opa z. B., der viele Olivenhaine besaß, erntete seine Oliven erst Ende Dezember, als sie dick und fett waren und bereits von selbst auf den Boden fielen. Sie gaben 40 Liter Olivenöl pro 100 kg Oliven. Er lagerte die Oliven für 3 Wochen im Gewölbekeller, bis auch der letzte Baum gepflückt war. Erst dann, als alle Oliven bereits ranzig und zerquetscht waren, fuhr er zur Mühle, die er daher nur einmal bezahlen musste. Das gewonnene Öl lagerte er in großen Plastikfässern. Für die Qualität des Olivenöls sind all diese Parameter vernichtend. Diese Art der Olivenölproduktion in Istrien war der Qualitätstiefpunkt zwischen den Hochzeiten; der Zeit der Römer und der heutigen Spitzenqualität. Zu erklären ist das durch die jahrhundertlangen Hungersnöte, als Quantität mehr zählte als Qualität, durch die schlechte Bildung der Landbevölkerung in der Vergangenheit und nicht zuletzt durch die Zeit des Sozialismus nach dem 2. Weltkrieg, in dem es kaum Traditionen gab, außer der eigenen sozialistischen.

Erst die junge Generation der Olivenölproduzenten fing Ende des letzten Jahrhunderts damit an, die modernen technischen Errungenschaften mit den alten Traditionen zu verbinden. Einer der führenden Namen in dieser Liga ist „Sandi Chiavalon“, der diese Entwicklung in Istrien von Anfang an befeuert und persönlich geprägt hat. In den letzten Jahren zählen vor allem seine Olivenöle zu den allerbesten Olivenölen der Welt.
Der bedeutendste Olivenölführer „Flos Olei“ hat auf seiner prestigeträchtigen Liste von 500 besten Olivenölherstellern der Welt über 50 istrische Produzenten gelegt. 2017 sind wieder 61 istrische Olivenölsorten in diesem Olivenölführer mit aufgenommen. Istrien ist demnach, mit weit über einer Million Olivenbäumen, bereits zum zweiten Mal die beste Olivenölregion der Welt.
Ich habe die Freude, mit Sandi Chiavalon befreundet zu sein und sein Olivenöl in Deutschland zu vertreiben. Er hat mich letztens zu einem Spaziergang durch seine Olivenhaine mitgenommen: Schon wenige Meter abseits der Straße beginnt die Ruhe. Nur noch der Wind und das Zirpen der Grillen sind zu hören. Hin und wieder durchbricht das Bellen eines Hundes die Nachmittagsstille. Um uns die zum Teil jahrhundertealten Bäume, jeder für sich einzigartig in seiner Form.

„Schon als kleines Kind ging ich mit meinem Großvater täglich in den Olivengarten“, erzählt Sandi. „Er hat mir die Liebe zu den Oliven in die Wiege gelegt, sie faszinierten mich von Anfang an. Während meine Freunde Fußball spielten, waren Olivenbäume mein Hobby. Mein großes Ziel war, diesen Baum bis ins kleinste Detail kennenzulernen und ein Spitzenolivenöl daraus zu zaubern.“

 

 Das Ex Albis Olivenöl ist seit der Ernte 2016 ein zertifiziertes Bio Olivenöl. Das Design der Flasche gewann bereits viele Designpreise, unter anderem den Red Dot Design Award 2007.

 

Wenn Sandi über die Olivenbäume redet, funkeln seine Augen. Er liebt seine Bäume, kennt jeden einzelnen, gibt ihnen Namen. Ich höre ihm weiter gespannt zu: „Später besuchte ich die Landwirtschaftsschule und danach die Landwirtschaftsfakultät. Das, was ich gelernt habe, gepaart mit alten Traditionen und modernen Technologien, hat uns Erfolg gebracht. Der Olivenbaum braucht viel Zeit, bis er Früchte bringt, daher kann man erst heute, nach mehr als fünfzehn Jahren, den Wert unserer Arbeit einschätzen.“ Wie viele Bäume er eigentlich hat, möchte ich wissen: „Momentan verfügen wir über mehr als 7.500 eigene Olivenbäume und arbeiten zusätzlich mit 3 Kooperationspartnern mit etwa 6.000 Bäumen. Doch jeden Frühling wiederholt sich bei uns dieselbe Szene: Familie und Freunde versammeln sich, um neue Bäume einzupflanzen.“ Eine Zeitlang laufen wir still weiter, dann setzt Sandi fort: „Die Olivenernte ist eine anstrengende, aber wundervolle, beinahe mystische Arbeit. Die Netze liegen ausgebreitet unter den Olivenbäumen, während Menschen per Hand oder mit einem langen Kamm die Oliven pflücken, manchmal singen sie dabei. Unsere Oliven werden nur manuell gepflückt, nichts wird den Maschinen überlassen.

„Bereits Plinius der Jüngere, etwa 90 nach Christus, sagte, dass das Olivenöl aus dem Süden Istriens das Maß aller Dinge ist“, meinte ich. „Was macht das Öl so besonders?“
„Istrien ist das nördlichste Olivenanbaugebiet der Welt, was für die istrischen Olivenbauer von Vorteil ist.“ Wir laufen weiter und Sandi trägt weiter vor: „Wegen der niedrigeren Temperaturen ist die Vegetation des Olivenbaums verkürzt, die Ölakkumulation in Olivenfrüchten fängt später als in südlicheren Anbaugebieten an. Während dort das Öl in Olivenfrüchten der sommerlichen Hitze ausgesetzt wird, was die Qualität des Öls beeinträchtigt, beginnt die Ölakkumulation in Istrien, wenn die hohen Temperaturen schon vorbei sind und ihr schlechter Einfluss auf die Olivenölqualität nicht mehr möglich ist. Das Resultat ist ein Qualitätsolivenöl von intensivem Geschmack und Geruch in feinster Harmonie verschiedener Kräuter.“ Der Spaziergang ist nach etwa 2 Stunden zu Ende und Sandi resümiert:

„Die wichtigsten Parameter, die wir in die Produktion eingeführt haben, sind bereits den Römern vor 2.000 Jahren bekannt gewesen: Die Frühlese Anfang Oktober und das Mahlen der geernteten Oliven noch am gleichen Tag. Die Oliven werden jung gepflückt, in der Zeit, in der maximal ein Drittel der Früchte die Farbe gewechselt hat. Die geernteten Früchte werden am selben Tag kalt gepresst. Das Resultat ist das unoxidierte Olivenöl, mit einem niedrigem Anteil von freien Fettsäuren und einem großem Anteil an Polyphenolen.“ Stolz schließt er ab: „All diese Bestandteile in unserem Olivenöl haben einen bedeutenden Einfluss auf unsere Gesundheit. Chiavalons extra natives Olivenöl ist nicht nur ein Gewürz oder Nahrungsmittel, es ist ein Heilmittel.“

Das kann ich bestätigen, denn seit etwa 10 Jahren trinke ich jeden Morgen einen Esslöffel des Ex Albis Olivenöls von Sandi Chiavalon.

2010 hat Sandi mir mit seinen Mitarbeitern geholfen die etwa 60 Olivenbäume auf unserem Familiengrundstück zu pflücken. Wir waren insgesamt 10 Mann und pflückten von 11 bis 17 Uhr, um am Ende des Tages etwa 480 kg Oliven zur Mühle zu bringen. Aus den 480 kg bekamen wir ca. 36 l Olivenöl. Wie teuer soll denn eine Flasche sein, wenn zu den 60 Stunden Personalkosten noch die anderen Betriebskosten, wie Pflege der Bäume, Marketing, Verpackung usw., dazu berechnet würden? Es gibt Menschen, die sagen, dass 15,00 € oder mehr für ein Liter Olivenöl zu viel sind, kaufen aber die teuersten Motoröle für ihr Auto. Zum Glück sehe ich das anders.

 

Artikel von www.top-magazin.de/ruhr