Kultur

Museum im Quadrat

In Bottrop steht das berühmte Josef-Albers-Museum Quadrat. Menschen kommen von weither und vor Ort keimt die Erkenntnis: Es ist einen Besuch wert.


 

Die Schönheit der klaren Linien und intensiven Farben nehmen Lena und Jan beim kurzen Innehalten auf der Bank wahr

 

 

Josef Albers mal ganz anders; so sieht Jan Werke des Künstlers, die von seiner Zeit in Lateinamerika inspiriert wurde

 

Allein im letzten Jahr sind wir wahrscheinlich weit über 50-mal an dem Museum vorbeigelaufen, das nur 500 Meter Luftlinie von unserem Wohnort in Bottrop entfernt liegt. Bei so vielen Parkspaziergängen haben wir uns angeschaut und sagten uns: Hier könnten wir mal wieder reingehen. In der Zwischenzeit wurden Museen in Essen, Düsseldorf, Amsterdam und Paris besucht. Und so liegt das letzte Mal in diesem schön gelegenen und futuristischen Bau bei uns jeweils zwischen fünf und zehn Jahren zurück. Ein Museum, das an einem der schönsten Flecken in unserer Heimatstadt steht. Ich spreche von dem Josef Albers Museum in Bottrop. Auch genannt: Das Quadrat.

Nur einen Katzensprung entfernt wohnen wir. „Wir“ sind mein Freund Jan und ich – Lena. Ein Museum, das nach einem Künstler benannt wurde, der uns eigentlich wohlbekannt sein sollte. Wir haben acht Jahre eine Schule besucht, die nach diesem Künstler benannt wurde. Was uns selbstverständlich während der Schulzeit hängengeblieben ist: Quadrate. Im Kunstunterricht haben wir Farben gemischt und die geometrische Form in der 5. wie in der 8. Klasse gemalt. Und sogar im Quadrat – während eines Schulausfluges – haben wir Quadrate gemalt. Der Stil und die Lehre Albers haben weltweit eine ganze Generation von Künstlern geprägt. Er war am berühmten Bauhaus und lehrte dann in seinem Exil in den USA. Ihm wurde im Metropolitan Museum of Art in New York (!) als erster lebender Künstler eine Retrospektive gewidmet. Das war zwei jungen Schülern, die vom „Bottroper Künstler“ hörten, damals nicht präsent.

Mitten im Park gelegen, steht ein moderner Bau mit großen Fensterfronten, der Platz für mehr Kunst bietet. Hochkarätige Leihgaben aus internationalen Museen würdigen Albers, der als einer der wichtigsten Künstler des 20. Jahrhunderts gilt. Leihgaben aus aller Welt: in Bottrop. Architektur Studierende reisen während einer Exkursion von Berlin nach Bottrop. Als wir im Eingangsbereich des Museums stehen, wird von den Mitarbeiterinnen die nächste Besuchergruppe besprochen, viele Menschen außerhalb von Bottrop zieht die aktuelle Sonderausstellung an.

 

 

Lena besucht die aktuelle Sonderausstellung „Josef Albers. Huldigung an das Quadrat“ mit Werken aus seiner berühmtesten Reihe „Homage to the Square“. Sie läuft zur Eröffnung des Erweiterungsbaus bis zum 26. Februar 2023.

 

Mit dem Eintritt in den neuen Anbau des Museums realisieren wir: Mitten in unserer Heimatstadt wird internationaler Kunst ein neuer, größerer Raum geschaffen. Jeder Raum ist einer Farbe gewidmet. Die Farben in einem Raum gleichen sich, doch kein Quadrat gleicht dem anderen. Unterschiedliche Farbintensitäten und Anordnungen. Wir lassen die Kunstwerke auf uns wirken, das passiert ganz unbewusst. Einer der Räume ist sonnengelb und hat eine positive wie friedliche Ausstrahlung. Vor allem an Novembertagen. Im nächsten Raum treffen starke Rottöne aufeinander, die intensive Farbe aktiviert. Unsere Augen werden gefordert und wach. Wir laufen als Nicht-Kunst-kritiker durch die Räume und nehmen ganz automatisch und ungezwungen wahr, wie die Farbwahl von Albers und die besondere Anordnung in den neuen Ausstellungsräumen die Stimmung und Atmosphäre beeinflussen.

Außerhalb des Anbaus treffen wir auf die Werke von Josef Albers, die von seiner Zeit in Lateinamerika inspiriert wurden: Klare Linien, jedoch mit experimentierfreudigeren Formen. Anders als die gleich großen Bilder in der Sonderausstellung, auch wenn diese sicherlich seine bekanntesten sind. Keine klassischen Quadrate, ebenso wenig wie seine Fotografien. Wir lernen einen Künstler durch eine andere Brille kennen. Nicht mehr aus der der Schüler, die wir schon lange nicht mehr sind. Auf dem Heimweg, der uns in zehn Minuten zu Fuß in Richtung Innenstadt führt, gestehen wir uns ein: Neben Ausflügen in andere Städte und ferne Länder sollten wir auch wieder in unserer Heimat öfter genau und mit neuer Brille hinsehen. Lang nicht mehr besuchte Orte aufsuchen. Damit so auch „alte Bekannte“ zu neuen inspirierenden Orten werden können.

Artikel von www.top-magazin.de/ruhr