Architektur & Immobilien

Frau Architektin

Sie mag den Bauhaus-Stil mit Mies van der Rohe und bewundert die Star-Architektin Zaha Hadid. Architektur überhaupt fasziniert Alexandra Wilczek seit ihrer Jugend. Schon auf den vielen Reisen mit den Eltern bestaunt sie spannende Bauwerke – die Pyramiden in Ägypten, die Tempel in Griechenland. Heute zeichnet die 32-jährige selber erfolgreich Entwürfe für Bauten, sie hat nach der Schule den Weg als Architektin eingeschlagen und fühlt sich in diesem Beruf unglaublich wohl.


Alexandra Wilczek mag ihren Beruf als Architektin. Bei einem Essener Unternehmen entwirft sie Pläne für hochwertigen Wohnungsbau.

 

Eigentlich, lächelt sie ein wenig verschmitzt, war ihr Mädchentraum ja, Pilotin zu werden. Doch da macht ihr die eigene Größe einen Strich durch die Rechnung: Mit ihren knapp 1,60 Meter kommt sie für den Platz am Steuerknüppel eines Flugzeugs nicht infrage. Gut, dass es eine besondere Begabung gibt: Kreativität, schon in der Familie angelegt und gefördert im Kunst-Leistungskurs an der Schule, der auch die Fähigkeiten beim Zeichnen fördert. Dazu kommt die besondere Leidenschaft: Die Begeisterung für besondere Bauten.

Alexandra schreibt sich also an der Hochschule Bochum für Architektur ein, lernt Baugeschichte und Konstruktion, büffelt Materialien und auch Statik, befasst sich mit Ästhetik und Entwurf. Vier Jahre lang dauert diese Ausbildung standardgemäß in Bochum, die junge Frau schafft das mit ihrer Begeisterung und Begabung in der Regelstudienzeit von acht Semestern. Ihre Kommilitonen sind dort überwiegend weiblich – wie heute längst an den meisten Hochschulen mit Architektur-Studium. Die Ausbildung in Bochum hat Alexandra schätzen gelernt – sie dauert zwar ein Jahr länger als an anderen Fachhochschulen, aber hier wird der Beruf wirklich umfassend vermittelt, sagt sie in der Rückschau.

Heute profitiert sie als versierte Architektin bei einem Projektentwickler in Essen genau von diesem breiten Spektrum. Nach dem beruflichen Start mit der Planung von Einzelhandel hat sie hier im Wohnungsbau jetzt ihre echte Leidenschaft gefunden.

Die 32-Jährige entwirft selbstständig Mehrfamilienhäuser mit Miet- oder auch hochwertigen Eigentumswohnungen, plant Einfamilienhäuser, begleitet ihre Projekte vom Entwurf bis zur Baugenehmigung. Auch der Kontakt mit den Kunden und die Umsetzung der vielfältigen Wünsche gehören zu ihrem Arbeitsalltag. Und so mag Alexandra Wilczek ihren Einsatz im Team bei diesem Projektentwickler und Bauträger. Sie schätzt die sicheren Strukturen, in denen sie ihre eigenen Ideen entwickeln und die Kreativität ungehindert entfalten kann.

Denn die Arbeit wird niemals langweilig: Jedes einzelne Grundstück hat seine eigenen Gegebenheiten, jeder Kunde seine individuellen Wünsche – das alles muss sie immer neu lösen. Aufgaben, die sie für ihre Firma perfekt umsetzt und mit Stolz darauf schaut, wenn die Objekte dann fertig und bezogen sind. Jedes einzelne ist aufs Neue eine besondere Aufgabe für die ambitionierte Architektin, die sie erfüllt. Und wenn sie in die Zukunft schaut, dann leuchten ihre Augen: Ein Stadionbau, der könnte die passionierte Fußballerin noch reizen.

 


 

SEIT ÜBER 100 JAHREN: FRAUEN SCHREIBEN ARCHITEKTURGESCHICHTE

Zwei Frauen haben in Architektur Geschichte geschrieben: Elisabeth von Knobelsdorff, die als erste weibliche Studentin 1911 eine Prüfung als Diplom-Ingenieurin ablegen durfte. Und Emilie Winkelmann, die 1906 als erste Frau Deutschlands ein selbstständiges Architekturbüro in Berlin eröffnete. Als für viele Frauen daran längst nicht zu denken war, sammelte sie schon fern der Heimat Erfahrungen dafür in Architekturbüros in Dortmund und Bochum.

 

Elisabeth von Knobelsdorff, Hans Schmidt und Therese Mogger (v.l.n.r.) im Zeichensaal der Technischen Hochschule in München, ca. 1907

 

Karrieren, die heute, wo Frauen in den einschlägigen Studiengängen an den Hochschulen längst in der Überzahl sind, schlicht anachronistisch erscheinen. Denn mittlerweile sind seit dem Einsatz dieser beiden Pionierinnen mehr als 100 Jahre mit Frauen im Architektenberuf ins Land gegangen. Kaum vorstellbar, dass die Damen einstmals nur als Hospitantinnen an den Hochschulen geduldet waren. Emilie Winkelmann, die erst im Baugeschäft ihres Großvaters mitarbeitete, schrieb sich an der TH Hannover nur mit einem Trick ein, als „E. Winkelmann“. Zum Studium reichte das, das Examen wurde ihr 1906 allerdings noch verwehrt. Erst 1909 ließ man Frauen an den Hochschulen in Preußen überhaupt zu – so konnte Elisabeth von Knobelsdorff an der TH Charlottenburg die erste diplomierte Ingenieurin werden.

Zwei Frauen, beide geboren Mitte der 1870er-Jahre, die ihren Weg in der damaligen Männerdomäne Architektur unbeirrt weitergingen. So errang Emilie Winkelmann gegen die Männer-Konkurrenz schon 1907 den Sieg bei einem Wettbewerb für ein Berliner Theatergebäude, wurde dazu schnell gefragte Ideengeberin für Guts- und Herrenhäuser im weiten Umkreis. Auch Elisabeth von Knobelsdorf reihte Erfolg an Erfolg: 1912 wurde sie erstes weibliches Mitglied im Architekten- und Ingenieurverein zu Berlin (AIV). Im ersten Weltkrieg arbeitete sie für die Militärbauverwaltung in Potsdam und für die Oberste Heeresleitung im besetzten Belgien. 1921 legte sie die Staatsprüfung für das Hochbauamt ab und wurde wiederum als erste Frau in Deutschland zum Regierungsbaumeister ernannt. Später zog sie sich ins Familienleben zurück. So schillernd wie in der Geschichte dieser beiden Pionierinnen ging es zunächst für die Frauen im Architekturberuf längst nicht immer zu. „Bis in die 1970er-Jahre hinein beschränkten sich die Arbeitsfelder von Frauen in der Architektur jedoch vielfach auf die beiden ,Ks‘ – Kinder und Küche. Sie waren im Wohnungsbau tätig, konzipierten Kindergärten und entwarfen Innenausstattungen“, beschreibt der Verein Baukultur Nordrhein Westfalen in Gelsenkirchen, der dem Anlass „100 Jahre Frauen im Architektenberuf“ jüngst sogar eine Ausstellung widmete. Denn eines haben die Frauen in diesem Beruf allemal bewiesen, urteilen die Expertinnen der Baukultur: Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts stehen ihre Entwürfe, Konzepte, Gestaltungsansätze und architektonischen Haltungen, denen der ihrer männlichen Kollegen nichts nach. Ihre Projekte sind – wie zu allen Zeiten – State of the art!

Artikel von www.top-magazin.de/ruhr