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WAS WÄRE WENN


Die Reaktivierung der Innenstädte, insbesondere durch ergänzende Wohnnutzungen schlägt Frank Eittorf vor. Hier zum Beispiel durch ein neues Wohnhochhaus auf dem alten Parkhaus.

 

Frank Eittorf ist aufgewachsen in Kettwig, heute Architekt und bekennt sich zu seiner Stadt. Denn aus seiner Sicht ist die größte Qualität in Essen der Mensch selbst: freundlich, herzlich, entspannt, bescheiden. Aber anders als in anderen Städten fühlt sich der Essener als Altenessener, Borbecker, Bredeneyer, Werdener oder Kettwiger seinem Stadtteil verbunden, nicht seiner Stadt. „Daran müssen wir arbeiten“, ist Eittorf überzeugt. Er beleuchtet unter diesem Aspekt einige zentrale Plätze.

 

Willy-Brandt-Tor

Das Willy-Brandt-Tor, der Eingang zur Innenstadt, wollen wir aufwerten, bestehende Stadträume mit neuen Nutzungen und Nutzergruppen ergänzen, vor allem mit neuen Bewohnern. Den Eingang zur Innenstadt wollen wir städtebaulich mit einem Zeichen markieren – ein ergänzender Wohnturm als Pendant zum bereits bestehenden Turm auf dem Handelshof gegenüber. Dabei bedienen wir uns eines bereits bekannten Bildes um 1900: Auf der alten Hauptpost stach damals ein Turm hervor, der weit über die normale Gebäudehöhe hinausragte, den Turm vom Handelshof gegenüber kennen wir, er ist der übrig gebliebene des damals verloren gegangenen Tors zur Innenstadt. Für die Platzierung des neuen Wohnturms haben wir uns bewusst für die großflächige ‚Eiermann Fassade‘ entschieden und wollen bei der neuen Wohnnutzung in Kombination mit vertikalen Gärten mehr Leben an die Fassade sowie auf den Platz bringen. Eigentlich hat der Willy-Brandt-Platz schon jetzt außergewöhnliche und wertvolle Fassaden verschiedener Epochen, die es zu erhalten und zu ergänzen gilt. Was wäre, wenn wir anfangen würden, die Stadt von oben beziehungsweise nach oben zu besiedeln?! Zeitgemäßes Wohnen heißt zunächst zentrales Wohnen. Die Vorzüge des öffentlichen Nahverkehrs sowie vielseitige Konzepte von CarSharing würden die Bewohner in der Innenstadt zu schätzen und zu nutzen wissen.
Architekt Frank Eittorf stellt sich für Essen den Willy-Brandt-Platz als belebtes und bewohntes Tor zur Innenstadt vor. Er beleuchtet seine Heimatstadt unter dem Motto „WasWäreWenn“. Die Visualisierungen sind von ‚vektor.x’ aus Bochum.

 

Das BahnParkhaus

Essen – Grüne Hauptstadt 2017, für Frank Eittorf ist das Verpflichtung über das eine Jahr hinaus. Als Titelträger gilt es sich weitere klimafreundliche Ziele zu setzen, beispielsweise die ‚urbane Wüste’ Innenstadt durch neue Grünzonen aufzulockern. Diese können auch vertikal sein, sie würden nicht nur das Stadtklima verbessern, vielmehr neue qualitativ hochwertige Aufenthaltsräume schaffen. Denn der Trend bringt das Wohnen zurück in die Innenstädte.

Das Parkhaus am Essener Hautbahnhof ist in die Jahre gekommen, scheint zudem nicht ausgelastet zu sein. Das Potenzial des Ortes ist neben der Zentralität und Erreichbarkeit die Sichtbarkeit für Ankommende. Ob aus dem Auto von der A 40 oder als Ankommender mit der Bahn vom Bahnhof gesehen.
Wenn wir die ‚grüne Brille‘ aufsetzen, steht das Parkhaus bereits im Grünen, im Park. 2017, zur ‚Grünen Hauptstadt‘ wollten wir das Parkhausdach mit ortsfremden Palmen schmücken, wir wollten eine ‚grüne‘ Anlaufstelle mit Signalwirkung schaffen. Im Sinne der Nachhaltigkeit, eine Installation mit Potenzial zum Belassen, Imagewandel mit ‚grüner‘ Fernwirkung.

In einer zweiten Phase würden wir ein Hochhaus auf das Parkhaus setzen. Zum Park auf dem Haus würde ein Haus im Park hinzukommen. Unten würde weiterhin geparkt, oben gewohnt, dabei sollte der Stellplatznachweis über einem Parkhaus kein Problem sein.
Das neue PARKHAUS blickt auf die urbane Skyline Essens. Vertikale Gärten schützen die neuen Bewohner vor zu viel Südsonne, sorgen für Raumklima, Atmosphäre und Identität. Essen bleibt ‚Grüne Hauptstadt‘ – und zeigt sich seinem bewegten Umfeld, einem Umfeld, das weiterhin von der ‚sauberen‘ Bahn und zukünftig von sauberen Elektroautos geprägt sein wird. Da wir in unserer aktuellen Konzeptstudie für die Deutsche Bahn über diverse Bahnhöfe nachgedacht haben: „WasWäreWenn das Bahnhofsvordach zum kleinen Park für Reisende und Wartende würde?“ Auch hier – die ‚Grüne Hauptstadt‘ bleibt.

 

GLEIS24 Der Wirtschaftsbahnhof der Metropole Ruhr

Standort für ein wirtschaftseigenes Kreativ- und Kom-petenzzentrum im wirtschaftseigenen Zug könnte bei WasWäreWenn das GLEIS24 am Essener Hauptbahnhof sein

 

Unsere Idee ist es, die derzeit inaktiven Gleise 23 und 24 am Essener Hauptbahnhof durch ein wirtschaftseigenes Kreativ- und Kompetenzzentrum zu reaktivieren. Essen liegt geografisch in der Mitte der Wirtschaftsmetropole Ruhr, der Hauptbahnhof ist zentral gelegen und in direkter Nachbarschaft zu vielen der Essener Wirtschaftsgrößen. Die Erreichbarkeit könnte nicht besser sein.

Neben dem Haus der Technik direkt gegenüber ist sowohl der Willy-Brandt-Platz als auch die Kettwiger Straße, als Einkaufsstraße, in Sichtweite.
Das eigentliche Potenzial des Bahnhofumfelds, des Hauptbahnhofs, der oben erwähnten Bahnsteige sowie der darunterliegenden Bahnhofsbögen ist noch nicht erkannt.

Anders beim Standort des ehemaligen DB Hochhauses, hier soll 2019 ein neuer Hotelstandard hinzukommen. Beim neuen Hotel ‚Premier Inn‘ bestünde sogar die Möglichkeit des direkten Zugangs zum neuen GLEIS24, dem neuen Wirtschaftsbahnhof der Metropole Ruhr. Bereits jetzt flankieren das Novum Select Hotel Handelshof sowie das Ibis Hotel, die derzeit brachliegenden Bahnsteige.

Ob Deutsche Bahn, E.ON, RWE, STEAG, thyssenkrupp, Aldi, Hochtief, Schenker, Evonik, Ferrostaal, Deichmann, Karstadt, Allbau – wir denken an eine neue Arbeitswelt der Kommunikation, in der sich die Unternehmen der Metropole Ruhr einkaufen oder einmieten können. Denn ein Luft- bzw. Ortswechsel für Angestellte, ob für Stunden oder Tage, befreit den Kopf. Das neue und animierende Arbeitsumfeld hilft, sich und andere zu reflektieren, sich im Kreativmodus neuen Herausforderungen zu stellen.

Hier spielt der Eisenbahnwaggon, als bekanntes und vertrautes Element, eine zentrale Rolle. Neben dem in die Jahre gekommenen Postwaggon als Arbeitsplatz, interpretieren wir die klassischen Reise- Speise- und Schlafwagen neu.
Wir wollen neue und überraschende Arbeitswelten schaffen, vielseitig und flexibel nutzbar. Dabei soll es Themenwaggons geben, die sich in ihrer Art und Kommunikationsform unterscheiden, sich sowohl durch mediale als auch analoge Systeme auszeichnen – Touch-Screen und das klassische Flipchart ergänzen sich. Das Raumprogramm bietet kommunikationsfördernde Workshopflächen im offenen Waggon sowie abgelegene Rückzugsorte der Konzentration im stillen Abteil.

Für jeden Charakter, für jede Aufgabe, ist der passende Think-Tank dabei, in einem der neu gestalteten Konzeptwaggons unterwegs oder auf dem Bahnsteig, mit Aus- und Weitblick auf die Essener Skyline. Natürlich darf auch die passende Pause nicht fehlen. Ob aktiv im Team bei Basketball und Fußball am Gleis nebenan – oder entspannt an der Bar, auf dem Weg nach München zum Oktoberfest. Die Reisezeit wird im Allgemeinen für Kreativworkshops genutzt, am Nachmittag ein Treffen bei Siemens vor Ort. Ob als Workshop, Abteilungs-, Betriebs- oder Firmenausflug, insbesondere die Möglichkeit des Dialogs mit der Stadt, der regionalen Wirtschaft untereinander ist zielführend für Stadt und Region. Der Start- und ‚Heimathafen‘ ist das ‚hoheitsfreie‘ GLEIS24 am neuen WirtschaftsbahnhofRuhr in Essen. WasWäreWenn – derzeit, freut sich Frank Eittorf, prüft die Deutsche Bahn die Machbarkeit dieser Studie.

 


 

Oberbürgermeister Thomas Kufen

 

ESSEN – schafft Raum für neues Wohnen

Essen ist wieder eine wachsende Stadt. Das zeigen die vielen städtebaulichen Entwicklungen und geplanten Bauvorhaben. Denn mit steigenden Einwohnerzahlen wachsen auch die Anforderungen an den Essener Wohnungsmarkt. Genau wie andere Großstädte benötigt Essen für unterschiedliche Zielgruppen und Bedarfe zeitgemäße Wohnungen – für Familien mit Kindern, über altersgerechtes Wohnen und natürlich Wohnraum in allen Preislagen.

Mit dem neuen Stadtquartier „Essen 51.“ und „Freiheit Emscher“ sind derzeit zwei große Projekte in Planung, die unser Stadtbild zukünftig deutlich verändern werden. Im nördlichen Krupp-Gürtel entsteht mit „Essen 51.“ auf einer Gesamtfläche von 52 Hektar ein neues, modernes Stadtviertel mit einem Mix aus Wohnen, Arbeiten und Freizeitangeboten. Direkt mitgeplant wird eine Radtrasse als Verbindung zwischen dem Radschnellweg RS 1 und dem geplanten Radschnellweg „Mittleres Ruhrgebiet“.

Mit „Freiheit Emscher“ bietet sich die historische Chance im Essener Norden, ein Areal von 1700 Hektar neu zu erschließen – eine der größten Flächenreserven im Ruhrgebiet. Das bedeutet neue Arbeitsplätze in attraktiver Lage am Wasser, viel Raum für Gewerbe und Dienstleistungen, aber auch für Wohnangebote und attraktive Freizeitmöglichkeiten an der renaturierten Emscher. Die Städte Bottrop und Essen entwickeln gemeinsam mit der RAG Montan Immobilien GmbH einen Masterplan für eine Fläche, die bislang vom Bergbau geprägt wurde.

Wir stehen als Stadt also weiterhin vor der großen Herausforderung, attraktiven, bedarfsgerechten und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Wo in unserer Stadt zukünftig mehr Wohnungen entstehen sollen, möchten wir von den Bürgerinnen und Bürgern wissen. Deshalb lade ich im Herbst dieses Jahres zu einem neuen Format ein: einem Bürgerforum. 500 repräsentativ ausgewählte Essenerinnen und Essener diskutieren einen Tag lang mit Experten aus Verwaltung, Politik und Interessenvertretern, am Ende soll eine Prioritätenliste zur Wohnbauflächenentwicklung in Essen entstehen.
Ich freue mich darauf!

 


 

FRANK EITTORF ein Selbstporträt In Mülheim geboren und Kettwig aufgewachsen, unterrichte und forsche ich an diversen Universitäten im In- und Ausland, seit Anfang September an der Mohammed VI Polytechnic University in Ben Guerir, Marokko. Mein Geschäftspartner Ercan Agirbas, ein Gelsenkirchener mit türkischen Wurzeln, hat seine Professur an der German University of Technology in Maskat, Oman. Als „Einheimische“ und stets „Heimkehrende“ sind wir „Pottler“, Ercan auf Schalke, bei mir sind es insbesondere die Essener Themen, die mich beschäftigen. Die Lehre, die Forschungsprojekte im In- und Ausland inspirieren uns für unsere eigenen Projekte als Architekturbüro AGIRBAS EITTORF FRIENDS, dabei bezieht sich ‚FRIENDS‘ nicht nur auf unsere 20-jährige Freundschaft, sondern im gleichen Maße auf Gleichgesinnte als Projektpartner und Bauherren, derzeit Bahnhofsstudien für die Deutsche Bahn oder einen Länderpavillon für die nächste Weltausstellung, die Expo 2020 in Dubai.

Artikel von www.top-magazin.de/ruhr