Reise

Jamaika

Das Jamaica Inn – ein ganz besonderes Hotel, das sich seinen Gästen mit unaufdringlicher Eleganz präsentiert. Und das meistens im Freien. Ob an der Rezeption oder im wirklich gemütlichen Wohnzimmer, das in Wahrheit ein großer, perfekt ausgestatteter Balkon ist. Eindrücke über einen Besuch – für TOP RUHR erzählt von Ina Steffen.


Einen atemberaubenden Blick auf das türkisfarbene karibische Meer und den tropischen Garten genießen die Besucher im Jamaica Inn

 

Die beiden Besitzer Eric und Peter Morrow führen das Hotel in der 3. Generation. Ihr Büro ist ebenfalls im Freien – auf der Terrasse. Dort begrüßen sie auch gerne ihre Gäste.

Die Fahrt vom Flughafen Montego Bay zum Jamaica Inn in Ocho Rios dauert eineinhalb Stunden und führt uns durch eine unglaublich grüne Natur und bunte, kleine Städtchen. Links von uns immer wieder die Karibische See. Im Hotel angekommen werden wir freundlich begrüßt. Die Rezeption ist, wie fast alles hier, im Freien unter einer Überdachung. Eric, einer der beiden Hotelbesitzer, heißt uns mit einem Cocktail auf der Terrasse willkommen.

Wir genießen von hier den Blick auf einen schönen Strand und das in U-Form angelegte koloniale Gebäude mit kleinen Balkonen. In der Abendsonne strahlen die Grüntöne des tropischen Gartens hier noch intensiver und die karibische Sonne verstärkt das ohnehin schon leuchtende Veilchenblau, in dem das ganze Hotel gehalten ist. Im Hintergrund immer die Brandung der Karibischen See. Ein guter Einstand, und ich fühle, wie der Reisestress von mir abfällt.
Es sieht hier aus, als ob die Zeit stehen geblieben ist und man kann sich gut vorstellen, dass Marilyn Monroe und Arthur Miller hier gerne Urlaub gemacht haben. Links von uns liegt ein langgezogener, nur einstöckiger Bau.
Dorthin, erfahre ich später, hat sich Winston Churchill gerne zurückgezogen, um zu malen und um ungestört zu sein oder mit Ian Flemming so manche Nacht durchzufeiern.

Ein freundlicher Page bringt uns zu unserem Zimmer. Es ist hell und charmant, im Kolonialstil gehalten. Ein weißes, großes Bett, wenige, dunkle Holzmöbel, an der Decke ein Ventilator (mehr Deko, denn es gibt auch eine gut funktionierende Klimaanlage), ein kleines Ankleidezimmer und ein hübsches Bad mit Holzwaschtisch und Keramikbecken plus Badewanne. Vom Schlafzimmer aus kann man die ganze Holzlamellentür zum Balkon hin komplett öffnen.
Und der Balkon ist unser Wohnzimmer im Freien. Dort wieder dieses toll leuchtende Veilchenblau an den Wänden, ein gemütliches weißes Sofa, Tisch und zwei Stühle, ein Schreibtisch und ein Kühlschrank. Von hier genießen wir einen atemberaubenden Blick auf das türkisfarbene Meer und den tropischen Garten und ruhen uns erst einmal aus, bevor es zum Dinner geht.

Unauffällig huschen Angestellte herum, die Blätter auffegen, Kleidung hin- und hertragen oder Getränke und Dinner zu einem Zimmer zu bringen. Im Hintergrund die Geräusche der tropischen Vögel und Frösche. Am nächsten Morgen treff en wir uns mit Peter Morrow, einem der beiden Brüder, die in 3. Generation das Jamaica Inn betreiben. 1948 kam sein Großvater als Geschäftsmann nach Jamaika und erkannte das Potenzial, das sich im Tourismus dort auftat. Zunächst eröff nete er in der Nachbarbucht ein Hotel. 1958 erbaute er das Jamaica Inn in Ocho Rios zusammen mit seinen beiden Söhnen Eric und Peter. Die übernahmen die Leitung des Hauses dann 1980. Hinter der Rezeption, auf der Terrasse, hat Peter sein „Büro“. Es besteht aus einem einzigen Stuhl und einem kleinen Ablagetisch. Von dort aus hat er alles im Blick und unter Kontrolle. „My one chair offi ce“, erklärt er stolz. Ankommende Gäste werden sogleich erspäht und willkommen geheißen, Gäste, die vorbeischlendern nett begrüßt und nach ihrem Befi nden befragt. „Home, away from home“ ist hier das Motto. Alles wirkt persönlich und familiär. Auch seine Angestellten grüßt der Chef nett.
Das Personal ist freundlich und unaufdringlich und oft schon lange dabei. Wie Teddy, er arbeitet schon 36 Jahre hier. Er ist der Barkeeper am Strand und begrüßt uns fröhlich mit „Wie geht es Ihnen?“ „Kommen Sie aus Wetzlar oder Marburg? 12345679 10. Aaach so!“ Das ist alles, was er auf Deutsch kann.

Aber er bringt es so lustig und in einer Endlosschleife, dass ich lachen muss. Teddy ist ein echter Spaßvogel und wo er ist, ist immer gute Laune.
Überhaupt sind alle 160 Mitarbeiter immer darum bemüht, es den Gästen in den 100 Zimmern des 5-Sterne-Hauses bequem zu machen. „Timeless grace and understated elegance“ ist das andere Erfolgskonzept dieses Hotels.
Jamaika ist die einzige Insel der Karibik, die nicht dem rauen Wetter des Atlantiks ausgeliefert ist. Sie liegt inmitten in der Karibischen See. Darum herrscht hier ein mildes Klima und nur wenig

Marilyn Monroe und Arthur Miller zählen zu den vielen Prominenten, die sich regelmäßig ins Gästebuch des Jamaica Inn eingetragen haben

Wellengang und Wind. Mildes Klima, sanfte Menschen, sagt man hier. Dieses freundliche Klima hat auch viele bekannte Persönlichkeiten hervorgebracht, wie Bob Marley, Harry Belafonte oder Usain Bolt (achtfacher Goldmedaillengewinner im Sprint bei Olympia).
Ich treff e Eric Morrow, den anderen Besitzer. Eric erzählt, dass die 4. Generation, nämlich seine beiden Töchter Olivia und Eloise in den Startlöchern stehen, um die Hotelleitung in naher Zukunft zu übernehmen. Olivia hat BWL und Touristik in Lausanne studiert und wird in diesem Frühjahr im „The Goring“, einem familiengeführten Hotel in London, in die „Lehre“ gehen.

Die Familie hat eine enge Beziehung zur Schweiz. Im Berner Oberland gehörte ihnen vormals das Hotel „Grand Palace des Alpes“ in Mürren. Daher kommt Erics Faible für das Skifahren und zu Deutschen Autos. Er liebt Audi.
Zu Hause in Colorado, einer sehr schneereichen Region der USA, fährt er einen A7 mit Allrad. Er gerät ein wenig ins Schwärmen über Mercedes, BMW und Audi. „Unsere Familie fährt nur Deutsche Autos.“ Wenn die Töchter das Hotel übernehmen, werden Eric und seine Frau Belinda endlich Zeit zum Skifahren in der Schweiz haben.

Eric stellt uns Ela vor. Sie ist die rechte Hand der Hotelleitung. Ela zeigt uns die „White Suite“. Hier hat Winston Churchill oft gewohnt. Alles ist großzügig, stilvoll und trotzdem wohnlich. Off ene Fenster und Terrassentüren geben den Blick frei auf einen schönen Pool und eine von tropischen Gewächsen umrahmte Terrasse. Man betritt den riesigen, kolonial eingerichteten Wohnraum, auf dem Boden alte Terrazzo-Fliesen. Links davon kommt man in ein großes Badezimmer, mit einer antik wirkenden, freistehenden Badewanne auf Löwenfüßen.

 

Jamaika liegt inmitten in der Karibischen See, mit ganz mildem Klima, nur wenig Wind und Wellengang

 

Von dort öffnet sich ein phänomenaler Blick auf das türkisfarbene Meer und die Bucht von Ocho Rios. Alte, dunkle Waschtische mit Marmorwaschbecken und schönen Empireleuchtern verstärken den Eindruck der alten, kolonialen Gediegenheit. Durch den Wohnraum betritt man die Terrasse und findet dort einen schmalen Weg entlang des Meeres. Er windet sich über etwa 50 Meter zu einer etwa 15 Quadratmeter großen Aussichtsplattform am Ende der Bucht. Von hier hat man einen Allroundblick auf die gesamte Bucht und den Badestrand, an dem die anderen Gäste liegen. Gerne werden hier Candlelight-Dinner serviert oder Hochzeiten gefeiert. Auf dem Rückweg weist Ela uns auf den privaten Zugang zum Meer hin. Eine Treppe führt direkt zum Wasser. Hier, so sagt sie, gibt es wunderbare Schnorchel-Reviere. Ein wunderschönes Refugium für Menschen, die abseits von allem Trubel einen ungestörten Urlaub verbringen möchten.

Ela führt uns nach der Besichtigung der „White Suite“ zurück zum Hotel. Wir nehmen in der Bar Platz. Auch hier scheint sich kaum etwas verändert zu haben in den letzten 60 Jahren. Eine dunkle Holzbar mit witzigen Keramikfiguren auf den Regalen und allen Alkoholika, die man sich vorstellen kann. Im großen Barraum stehen bequeme Rattan-Möbel, Tische und ein großer Flügel, an dem abends ein Pianist spielt.

Winston Churchill war hier gerne Gast, wie auch diese „Celebrity guests“: Princess Margaret, Kate Moss, Alastair MacLean, T.S. Eliot, Katherine Hepburn, Errol Flynn, Jerry Rafferty, Kelly Rowland, Andrew Zimmern, Nicole Henry, Lilly Allen, Bob Marley, Marilyn Monroe & Arthur Miller, Princess Eugenie, Richard Branson, Kate Winslet

Wir werden von Belinda Morrow, der Ehefrau von Eric, bereits erwartet. Sie begrüßt uns mit einem festen Händedruck. Schnell kommen wir ins Gespräch. Mit leuchtenden Augen berichtet sie von den vielen Umweltprojekten, die sie hier initiiert hat und finanziell unterstützt. Wie das Korallenaufzuchtprogramm, denn das Riff vor der Bucht ist durch die Klimaveränderungen und die Umweltverschmutzung stark gefährdet. Dabei ziehen die Fischer in der Bucht in gesperrten Zonen Korallen an langen Seilen auf. Ab einer gewissen Größe werden sie dann im Riff angesiedelt. In Kürze werden 700 Korallenbäumchen eingepflanzt. Dazu gibt es in den gesperrten Arealen auch einen sogenannten Fischkindergarten, denn auch der Fischbestand ist stark zurückgegangen. Um das Korallenriff zu erhalten, ist aber ein gesunder Fischbestand nötig. Denn die Fische grasen die Algen von den Korallen ab und tragen so zu deren Gesundheit bei.

Denn eins ist klar, sagt Belinda: „Ohne die schützenden Korallenriffs verschwinden die lieblichen Strände in den Buchten und die Wellen können ungehindert und mit voller Kraft an Land donnern.“ Und ohne das Riff müssten die Fischer sehr weit rausfahren, um überhaupt einen Fang zu machen. So kommt es, dass Hotellerie und Fischereikooperative WRFA eng zusammenarbeiten.

Ein großes Ereignis steht bei unserem Besuch bevor. Das Hotel hat eine eigene Aufzucht und Brutstation für Schildkröten und in den nächsten Tagen werden die Schildkröten aus ihren Eiern schlüpfen und zum Meer wandern. Leider müssen wir vorher abreisen. Schade, dass wir dieses Naturereignis nicht noch miterleben können. Ein Grund mehr, um einmal wiederzukommen.

Artikel von www.top-magazin.de/ruhr