Reise

Holland – eine nachbarliche Liebe

Ein Land, in dem Eier und Käse, Städtchen und Strände, Mühlen und Grachten, Majestäten und Blumen locken. Ganz nach eigenem Ansinnen finden wir dort auch ganz andere Ansichten. Holland – eben auch mal anders.


Ein Ausflug nicht nur ins Nachbarland, sondern auch in die Vergangenheit. Im niederländischen Freilichtmuseum in Arnheim tauchen Besucher rund um die ganz typische Windmühle in ein echtes Märchenland ein, in dem die Zünfte und Gebräuche alter Tage wieder lebendig werden

 

Außen besonderes Design, innen eine Fülle von Kunst – das Museum in Groningen ist allemal eine Reise wert. Stararchitekten und Designer von Allesandro Mendini über Michele De Lucchi, Philippe Starck und Coop Himmelb(l)au schufen Anfang der 1990er Jahre den Ersatz für das in die Jahre gekommene Museumsgebäude in der City auf einer Insel im Verbindungskanal der Stadt. Im Inneren warten zeitgenössische Kunst aber auch Kunsthandwerk, Exponate zur Geschichte Groningens sowie asiatisches Porzellan vergangener Jahrhunderte. Alles ist verteilt über besondere Pavillons, das Hauptgebäude bildet einen Turm, wer zur Ausstellung will, muss eine Wendeltreppe erklimmen.

 

Was fällt uns zu unserem Nachbarland Holland ein – Eier, Butter, Käse und Tomaten? Und klar, dazu noch flaches, weites Land, viel Meer, lauschige Städtchen, brodelnde Metropolen. Grachten und Trachten, Windmühlen und Werften, Monarchie und alte Meister.

Ein Viertel des Landes liegt unterhalb des Meeresspiegels, 450 Kilometer zerklüftete Küste, davon 250 Kilometer begehrte Strände. Die Zuiderzee wurde 1932 durch einen riesigen Deich von der Nordsee abgetrennt und ins Ijsselmeer, das trotz des Namens mit Süßwasser lockt, verwandelt. Auf der einen Seite klatscht die See gegen den Damm, auf der anderen Seite liegt spiegelglatt das Ijsselmeer.
„Gott hat die Welt erschaffen, aber die Niederländer machten ihr eigenes Land“ lautet ein altes Sprichwort. Fertig sind sie damit noch lange nicht. Derzeit werden neue Inseln im Ijsselmeer östlich von Amsterdam angelegt, auf denen eine Stadt entsteht. Und gegen die allzeit anstehende Erosion werden unermüdlich von den Nachbarn jedes Jahr die Strände mit neuem Sand aufgefüllt.

 

Aufstieg zu einer besonderen Klasse von Wohn- und Esskultur: Das Hotel Okura in Amsterdam punktet nicht nur mit seiner ungewöhnlichen Treppenhaus-Architektur. Hier ist das auch legendäre Yamazato zuhause, das erste Japanische Restaurant, das schon vor Jahren in Europa einen Michelin Stern bekommen hat

 

Schon durch die bloße Nähe ist Holland mit seinen oft zauberhaften Städtchen und beliebten Stränden so anziehend für die Menschen im Ruhrgebiet: Man ist in einer Stunde dort. Früher fuhren Viele gerne in grenznahe Orte, um billig einzukaufen und zu tanken (das Mekka war Venlo). Das gibt’s auch heute noch, ist aber längst ganz anderen Motiven für einen Ausflug ins Nachbarland gewichen. Entspannung durch einen schnellen Wochenendtrip ans Meer, junge Leute zieht’s nach Amsterdam und Rotterdam. Und nicht nur das: So mancher, der es sich leisten kann, geht zum Studium lieber über die holländische Grenze, als in Deutschland lange auf einen der gewünschten Plätze zu warten. Eine ganz neue Form von Bildungsaustausch.

Auch das ist Baustein für eine ganz besondere Liebe, die uns Deutsche mit Holland und den Holländern verbindet, die Verbindung zwischen NRW und Holland nicht nur geografisch nah. Holland ist geringfügig größer, beide Länder haben rund 17 Millionen Einwohner.

 

Wenn sich der Blick sternförmig zum Himmel öffnet. Rotterdam macht’s möglichmit seinen Kubushäusern, das sind spektakuläre Wohngebäude von Piet Blom auf der Basis von würfelförmigen, auf einer Ecke stehenden Baukörpern

 

Wunden aus der NS-Zeit und dem Krieg mussten überwunden werden. Dennoch: Gemeinsam mit Holland (plus Belgien, Luxemburg, Frankreich und Italien) war die Bundesrepublik 1957 Gründungsmitglied der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft EWG. 1992 ging die EWG mit dem Vertrag von Maastricht in die EG über, aus der Jahre später die EU wurde.

 

Groothoofdspoort: Die Basis ist das Renaissance Haupttor, es wird überhöht von einer Kuppel. Meisterliche Baukunst, zu sehen in der Stadt Dordrecht am Zusammenfluss der Merwede, der Noord und der Alten Maas

 

Was die Deutschen an Holland immer gereizt hat, sind das Königshaus und die Blumen, eine Reihenfolge, die unter Missachtung des Protokolls auch umgedreht werden könnte. Tulpen aus Amsterdam ist nicht nur ein bekannter Songtitel, sondern assoziiert Glanz und Schönheit. Die Niederlande gehören zur Reihe der Monarchien in Europa (Belgien, Dänemark, Norwegen, Schweden), die alle irgendwie untereinander verwandt und verschwägert sind. Und in der Nationalfarbe Orange gibt es auch die verschiedensten Blumenzüchtungen.

 

Ein kleines Tor zum Glück: Ein paar Sonnenstrahlen draußen genießen mit netten Menschen. Onze Lieve Vrouweplein in Maastricht nach der gleichnamigen Kirche benannt liegt im Herzen der Innenstadt und ist zu jeder Jahreszeit, sofern es die Temperaturen es auch nur ansatzweise erlauben, beliebte Terrasse zahlreicher Cafés und Restaurants

 

Wasser, das beliebte Element gibt es in Holland nicht nur am IJsselmeer und an den Stränden, es ist überall – und schafft zuweilen auch mal kunstvolle Perspektiven: Auf einem schwarzen Tisch im Garten spiegelt sich die Fassade des Hotel The Dylan an der Kaizergracht in Amsterdam. Ein Bild wie ein Gemälde der großen Meister

 

Oranje – damit sind wir beim Fußball. Seit dem legendären 2:1 im Münchener Olympiastadion beim WM-Finale1974 sind Deutschland und Holland besondere Rivalen. „Ohne Holland fahr’n wir zur WM“ ist seit der WM 2002 ein Evergreen. 2018 fahr’n wir schon wieder ohne Holland zur WM. Schade, eigentlich. Fahren wir doch stattdessen einfach nach Holland und entdecken dort ganz viele Evergreens und neue Seiten.

 

Für Touristen, auch aus dem Ruhrgebiet, gehört Scheveningen zu den Anziehungspunkten Nummer ein. Sagenumwobenes gibt es dort an der Strand-promenade: Die Figur „De Haringeter“ von Tom Otterness. Sie entstand nach einem Märchen, das von einem kleinen Jungen handelt, der so viel Hering gegessen hat, dass er schnell groß geworden ist. Dadurch wird sein Traum wahr, und er darf mit den Fischern aufs Meer fahren.

 

Einkehr nach vielen neuen Perspektiven: Das geht besonders gut in einer der ältesten Kneipen von Amsterdam. Die heißt In’t Aepjen, liegt am Zeedijk 1, und lockt Jung und Alt, Menschen aus Amsterdam und Touristen mit frisch gezapftem Bier in uriger Atmosphäre

 

Plätze zum Träumen sind in Holland allemal die Grachten. Hier am Reitemakersrijge-Kanal in Groningen gibt es neben dem zauberhaften Blick auf Wasser und Schiffe noch etwas zu entdecken: Eine öffentliche Toilette. Was banal klingt ist dort, entworfen von niederländischen Architekten Rem Koolhaas, ein absolutes Muss auf dem Sightseeing-Plan.

 

Auch ein Muss ist das Romantik Hotel Campveerse Toren in Zeeland. Aus dem Jahr 1358, eines der ältesten Hotels Hollands.

 

 

Artikel von www.top-magazin.de/ruhr