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Smart Dolls by Danny Choo

Smart Dolls sind keine Puppen, sie sind ein Stück futuristischer Lifestyle und Danny Choo, ihr Schöpfer ist kein Puppenbauer, er hat eine Botschaft.


Danny Choo ein Schöpfer mit Botschaft

Der Designer Danny Choo

Designer Danny Choo mit seiner 60 cm Smart Doll, Mirai Suenaga und einem 120 cm Testmodell

Der hippe, junge Designer steht für „Cool Japan“, die japanische Kultur der nächsten Generation, die er in die Welt hinaus exportieren möchte. Der gebürtige Brite und Sohn des legendären Designers Jimmy Choo entdeckte für sich die Faszination des Verspielten in den Neunzigern. Anime, Mangas und Computerspiele beeinflussten ihn so sehr, dass er begann, im Selbststudium japanisch zu lernen und schließlich einen Job bei Japan Airlines ergatterte. Das war die Eintrittskarte zum IT Business und für Danny ins Reich der aufgehenden Sonne. Er verdingte sich als Designer für namhafte Firmen wie Amazon und Microsoft, nur um schließlich im Jahr 2007 eine vielversprechende Karriere und regelmäßige Gehaltsschecks in den Wind zu schlagen und sich mit seinem Unternehmen Mirai Inc. selbstständig zu machen. Nach neun Jahren, am Rande des Bankrotts, kam der Durchbruch. Seine kleine Firma erhielt den Auftrag, ein Maskottchen für die japanische Tourismus-Industrie zu kreieren. Danny entschied, ein dreidimensionales Wesen zu erschaffen, das alle Eigenschaften der asiatischen Pop-Kultur in sich vereinte. Mirai Suenaga (mee-rai soo-eh-na-gah), für immer süße 17 und das neue Gesicht von „Cool Japan“, war geboren.


Mirai (475 US$) ist eine klassische Manga-Schönheit, mit großen, seelenvollen Augen und winziger Stupsnase. Das ebenmäßige Gesichtchen wird von ihren Machern von Hand korrigiert, damit die Züge nicht zu symmetrisch und damit unmenschlich wirken. Mirai ist von zartem Wuchs und mit einer Reihe trendiger Outfits ausgestattet. Ihre austauschbaren Frisuren (50 US$) bestehen aus hitzebeständigem Kunsthaar und lassen sich mit dem Lockenstab stylen. Mit ihren 60 cm Körpergröße ist sie das ideale Fashion Model für Human Designer und schlägt die schon etwas in die Jahre gekommene Barbie um Längen. Sie ist beweglich wie eine Schneiderpuppe, langbeinig und mit verschiedenen Körbchengrößen ausgestattet – von flachbrüstig bis Lara Croft – und variiert politisch korrekt in Hautfarben von aschfahl bis Ebenholz. Ihr Innenleben ist der Gipfel der 2.0 Technologie (ähnlich wie bei Cher): Ihr Skelett besteht aus Polyoxymethylen, einem Kunststoff, der sonst für die Herstellung technischer Präzisionsteile verwendet wird; ihre Haut darüber ist ein samtigmattes Vinyl-Kunstwerk aus dem 3D-Drucker und neuerdings ist sie auch per Android Software zu fließenden, mädchenhaften Bewegungen fähig.

Wer die Homepage von Danny Choo besucht, stellt schnell fest, dass jeder neugierige Gast herzlich willkommen ist. Danny wartet mit einer Fülle von Informationen auf, bebildert jeden Entwicklungsschritt, den er und sein Team machen und gibt gar eine Anleitung für den Nachbau. Völlig entspannt und kollegial teilt der Vater der Smart Dolls seine Gedanken mit seiner Internet Community und präsentiert dabei eine so originelle Website, dass das Durchklicken auch ohne Kaufabsicht großen Spaß macht.


So groß war der Haben-Wollen-Effekt in Japan, dass Smart Doll Mirai nun mit einer Reihe Freundinnen ausgestattet ist. Jede hat ihre eigene Biografie: Geburtsdatum, Charakter, Lieblingsspeisen, Super kräfte und sogar Blutgruppe. Kanata, zum Beispiel, ist eine Klassenkameradin und stets launisch, dabei jedoch hochbegabt und züchtet in ihrer Freizeit Teesorten. Es geht das Gerücht um, dass sie in Eiji, den einzigen Knaben der Kollektion, verknallt ist. Kizuna Yumeno ist mit ihrem goldfarbenen Haar und tiefblauen Augen ebenso sexy wie die übrigen Kindfrauen, pflegt jedoch als Schulschönheit und Intelligenzbestie eine gewisse Rivalität zu Mirai, die für sich den Platz der Ersten unter Gleichen beansprucht. Eher zurückhaltend ist dagegen der Naturwissenschaftsfan Chitose Shirasawa. Mit ihrem silbernem Haar und dem Laborkittel als bevorzugtem Outfit ist sie eher schüchtern – besonders in Gegenwart von Mirai. Bei Haruka Suenaga, Mirai’s jüngerer Schwester, kann von Zurückhaltung keine Rede sein. Sie ist stets zu Streichen aufgelegt und gegenüber dem Hauptmaskottchen von fröhlicher Respektlosigkeit. In Mirai’s Universum geht es ein bisschen zu wie in Bullerbü, nur dass die Charaktere Zauberwaffen wie elektromagnetische NinjaSterne und Laser-Schwerter tragen. Und, zugegeben, wenn sie mit Teddys kuscheln, hat das ein wenig mehr Sex- Appeal als bei Astrid Lindgren.


Die hochwertigen Outfits der Smart Dolls sind schon etwas Besonderes. Handgefertigt sind sie in Schnitt und Materialien teuren Designer Labels ebenbürtig, die bellbottom stonewashed Jeans (81 US$) ist tatsächlich vorgewaschen, die T-Shirts (27 US$) und Twinsets in Wickeloptik (50 US$) von extremer Lässigkeit. Die Smart Doll ist etwa so groß wie 1/3 Mensch, was den Vorteil hat, dass die Kleidung an ihr eine ganz andere Passform hat, als bei kleineren Puppen, an denen das knappe Dirndlröckchen (145 US$) absteht wie Sandpapier. Auch an den Haarspangen (8 US$) wird detailverliebt getüftelt, bis Danny sich schließlich für Magnetclips entscheidet. Den Gürtel (18 US$), ein kleines Meisterwerk für sich, trägt Mirai nun doch nicht zur Hose, weil ihr Schöpfer findet, dass er optisch ihren Oberkörper verkürzt.

Und erst die Schuhe! Altmeister und Weltstar im Schuhdesign, Jimmy Choo hat es sich nicht nehmen lassen, zusammen mit dem Filius Sneakers (81 US$), Pumps (81 US$) und Stiefel (55 US$) zu entwerfen, die Kreischalarm tauglich sind. Danny, der früher in Vaters Werkstatt Abendschuhe für Prinzessin Diana gefertigt hat, ist mit den Smart Dolls längst in ganz anderen Dimensionen angekommen.


Mirai und ihre Clique sind als Kinderspielzeug zu hochpreisig, aber wie die Figuren aus den Manga Comics durchaus als Rollenvorbild tauglich. Anders als Barbie sind sie keine Vinyl gewordenen Männerträume eines sexy Dööfchens aus den Fünfzigern. Sie sind junge, emanzipierte Frauen mit Superkräften und hohem Ästhetikfaktor. Schon Rudolf Steiner hat bei seinen ganzheitlichen Puppenentwürfen auf reduzierte Mimik gesetzt, um ihre Eignung als Projektonsfläche zu bewahren. Das bieten auch die Smart Dolls. Trotz aller High Tech Effekte triggern sie auf den Punkt ein uraltes Menschheitsbedürfnis: sich selbst im idealisierten Alter-Ego zu spiegeln. Danny Choos Pläne, das moderne Japan dem Rest der Welt zu eröffnen, sind so gesehen schon fast bescheiden. Seine moderne Form des Pygmalion ist so ausgeklügelt, dass der Wunsch, eine Smart Doll zu besitzen, jenseits aller Rationalität verortet ist. Heute werden die aufwendigen Miniaturwesen in über 40 Länder versendet, von Australien über die Arabischen Emirate, Europa und die USA. Youtube ist voller Life Aufnahmen von mehr oder weniger lautstark jubilierenden Endabnehmern, die sich selbst beim Öffnen der kunstvollen Pakete mit den begehrten Figuren filmen und voller Stolz ins Netz stellen. Als Maskottchen geplant, bauen die Smart Dolls heute ihr eigenes, super cooles Universum.

Artikel von www.top-magazin.de/ruhr