Im Ruhrgebiet, wo einst vor allem das Herz aus Stahl geschlagen hat, entsteht Neues. Mode „von hier”, tragbar und geerdet, so ehrlich wie ihre Region. Und nachhaltig, mit Blick auf die Umwelt. Die Macherin: Susa Flor. Ihr Label, das auch ihr Anspruch ist: Ecological Design. Dauerhaft wie Stahl, weg von Fast Fashion.
„Kaum zu glauben“, lächelt Susa Flor, und klingt fast ein bisschen erstaunt über sich selbst, „jetzt bin ich schon fast 40 Jahre dabei“. In der Tat ist das kaum zu glauben, denn die blonde Bochumer Modedesignerin steht für Innovation, Kreativität und ein ganz modernes feminines Design bei ihrem eigenen Label, das auch ihren Namen trägt: Susa Flor Ecological Design. Ein Stück Aufbruch symbolisiert das für die Designerin in gleich mehrfacher Hinsicht: In einer Region wie dem Ruhrgebiet, die den Umbruch verkörpert und sich neu erfindet, der eigene Schritt in die Selbstständigkeit, hinter der nach viel Erfahrung eine feste Überzeugung steht: Mode für Frauen, modern und tragbar und dabei immer wertig und mit Respekt für die Umwelt.
Das Handwerk dafür hat sie als Damenschneiderin von der Pike auf gelernt, dann Modedesign an der renommierten Schule Schloss Eller in Düsseldorf studiert, um schließlich aus Überzeugung ihr eigenes Projekt zu starten: „Mode mit einem eigenen kreativen Design, die Nachhaltigkeit sollte selbstverständlich sein“.
Was so klar und dabei einfach klingt, ist zum Beginn des „Ecological Design“ aus Bochum bei Weitem eben noch keine Selbstverständlichkeit und verlangt der Gründerin einiges ab: „Vor 15 Jahren, als ich angefangen habe, gab es noch nichts in dieser Richtung, das war fast zum Weinen.“ Doch die Frau, die zuvor für Labels wie Comma, Steilmann und auch Lagerfeld Musterkollektionen genäht hatte, steckt nicht auf. Schließlich entdeckt sie eine Düsseldorfer Firma, bei der sie die ersten Hanfstoffe beziehen kann. Hanf ist für sie die nachhaltige Alternative zu Baumwolle: „Der Hanf ist umweltbewusst. Sein Anbau braucht viel weniger Wasser, und man kann es wirklich wunderbar tragen.“
Das also ist die Grundlage, doch das Angebot fordert die Kreativität der Designerin erst wirklich heraus: „Es gab keinerlei Muster, vielleicht einen Blau- und einen Rot-Ton“. Dankbar, dass sie überhaupt eine Grundlage in ihrem Sinne gefunden hat, schafft sie gemeinsam mit Künstler:innen dafür eigene Muster, bedruckt oder bemalt die Stoffe ganz neu. Die Ergebnisse finden schnell ihre eigenen Fans, schon bald entsteht ein zunächst erst kleiner, aber fester Kundenstamm und freut sich über ein langsam wachsendes Angebot an neuen ökologischen Stoffen.
Zu dem größeren Angebot kommt Jahr für Jahr auch zunehmende Bekanntheit. Das Ecological Design made in Bochum gewinnt immer mehr Zuspruch, Susa Flor zeigt ihr Design mit dem besonderen Material auf Modenschauen. Und das vor allem „zu Hause“ in Bochum: Die neue Sommerkollektion geht jedes Jahr traditionell bei der großen Inner-Wheel-Benefiz-Modenschau im Autohaus Tiemeyer zum ersten Mal auf den Laufsteg – nicht nur die Mit-Gastgeberin Inge Tiemeyer gehört seither zum festen Fan-Club. Und im Herbst bietet die Hattinger Henrichshütte mit all ihrer Tradition und Geschichte alljährlich den ganz eigenen Rahmen für die „Mode mit Steel“ zur Vorstellung der Winterkollektion von Mitinitiatorin Susa Flor und anderen heimischen Designern.
„Dass Materialien vernünftig und fair hergestellt werden, einen nachhaltigen Kreislauf bedienen, statt am Ende auf der Sondermülldeponie zu landen“, ist für die Designerin aber dennoch „nur“ die Grundlage für ihre Mode: „Das Design steht doch im Vordergrund. Mode soll offen sein und tolerant, kein Einheitslook, soll nicht uniformieren, sondern verbinden.“ So schafft sie in ihren Kollektionen lässige feminine Stücke, die sich wunderbar kombinieren und gerne mit Highlights der Vorsaison verbinden lassen – ganz im Sinne der Nachhaltigkeit.
Was Susa Flor entwirft, ist dementsprechend auch nicht von der Stange zu haben. Jedes Teil wird eigens genäht – und zwar vor Ort im Ruhrgebiet. Die Musterkollektion gibt es seit nun gut einem Jahr nicht nur im Internet zu bewundern, sondern im eigenen Store an der Bochumer Königsallee. Hier kann man nicht nur sehen, sondern auch buchstäblich fühlen, was Green Fashion ausmacht: Hanf und Tencel, klassische Walkstoffe aus Südtirol, gestricktes Leinen, das aussieht wie Seide, Material mit See-Algen oder Muscheln und „Leder“, hergestellt aus Ananas oder Oliven, das zu Jacken oder auch Taschen verarbeitet wird. Was bei Susa Flor zu exklusiver und dabei tragbarer Mode verarbeitet wird, ist immer nach dem „Global Organic Textile Standard“ bewertet, dementsprechend GOTS zertifiziert. Und die Produktion beginnt passgenau erst, wenn sich die Besucherin im Showroom für ihre Lieblingsstücke entschieden hat. In der passenden Konfektions-Größe werden Rock, Hose, Pulli, Jacke oder Mantel auf Anforderung geschneidert – immer hier in der Region.
Die Stücke atmen die Überzeugung der Designerin: Es sind Kollektionen im femininen, lässigen Stil, die Frauen bequem einkleiden und nicht einengen. „Meine Mode unterstreicht, dass Frauen selbstbewusst und frei agieren dürfen“, sagt Susa Flor. Und ihr ist wichtig: „Weil Mode offen und tolerant ist, soll sie bei aller Exklusivität immer auch für alle erschwinglich bleiben“. Das passt zum Ruhrgebiet – hier, ist Susa Flor überzeugt, bewegt sich gerade in der Modeszene eine Menge. Hier war immer schon ein Schmelztiegel, sagt Susa Flor, Sie versteht „Mode als Band, das die Menschen gleichberechtigt miteinander verknüpfen soll“. Und dabei so dauerhaft und dennoch wandelbar ist wie die Region.
Titelbild: Für Susa Flor die perfekte Kulisse, um ihr Design aus dem Revier zu präsentieren: die Hattinger Henrichshütte, Zeuge der stählernen Vergangenheit der Region. Die Henrichshütte bietet auch jeden Herbst den Rahmen für eine ganz besondere „Modenschau mit Steel“, bei der heimische Designer ihre Ergebnisse vorstellen. Aus der neuen Winterkollektion von Susa Flor Ecological Design zeigt Rosanna (rechts) einen Anzug aus Bio-Wolle im grauen Fischgrat-Muster mit weiter Hose und dem passenden, etwas helleren Blazer. Hannah (links) trägt einen kurzen grauen Faltenrock aus Bio-Wolle mit einer Bluse aus weinrotem Bio-Satin, der Überwurf, ebenfalls aus Bio-Wolle, ist halb Cape, halb Jacke.Dany Marx liebt Juist seit ihrer Kindheit und kehrt immer wieder auf das „Zauberland“ zurück. Für ihren Aufenthalt hat sie sich in Bredeneys feinster Boutique bei Kristina Jürgensen eingekleidet. Ihr Look: Lässig, luftig, loui.rocks – der Sommerlook kombiniert eine Bluse von Cuantico mit einem Cardigan von Dorothee Schumacher und einer Ledershorts von Arma.