Pas de Deux
Suche

Pas de Deux

Pas de Deux

Er gilt als Höhepunkt eines Balletts, zum Beispiel in Schwanensee mit dem schwarzen Schwan Odile und Prinz Siegfried. Neu interpretiert ist der Pas de deux, der Tanz zu zweit, nun Höhepunkt des Balletts am Essener Aalto-Theater: Hier haben Marek Tůma und Armen Hakobyan gemeinsam die Intendanten-Rolle übernommen. Einer der Manager, der andere der Künstler und beide Tänzer mit Leib und Seele.

Einmal Tänzer, immer

Nein, auf der Bühne stehen Marek Tůma und Armen Hakobyan schon lange nicht mehr selber. Doch „Einmal Tänzer, immer Tänzer“, lächelt Armen Hakobyan und weiß wie sein Partner Marek Tůma, was es bedeutet, als Teil einer Compagnie für das Publikum zu tanzen. Sie kennen die Herausforderung für Kopf und Körper, die Anstrengung, die es kostet, und gleichzeitig die pure Begeisterung, die Tänzerinnen und Tänzer trägt. Bis heute, wo sie die Nachfolge von Ben Van Cauwenbergh angetreten haben. Beide kennen den langjährigen Aalto-Chef bestens. Marek Tůma schon aus Wiesbaden, da tanzte er beim damaligen Ballettdirektor und Chef-Choreografen Van Cauwenbergh, folgte dem Belgier nach seiner aktiven Bühnenzeit als Ballettmanager nach Essen. Dass Armen Hakobyan heute an seiner Seite steht, und nach dem Tanz nicht ein Leben als Barkeeper führt, geht ebenfalls auf das Konto Van Cauwenberghs, der dieses Talent nicht missen wollte. Nun stehen beide hinter der Bühne und im Ballettsaal und leiten ihre Compagnie in die neue Zeit über. Der wollen und müssen sie nun ihren ganz eigenen Stempel geben. Und das anspruchsvolle Aalto-Publikum in Essen mit ihrer eigenen Handschrift überzeugen.

Und dafür scheuen sie keinen Einsatz: „Wir wollen noch mehr Handlungsballett auf die Bühne bringen, das Geschichten erzählt. Es ist viel aufwendiger als abstraktes Ballett, aber es wird noch besser angenommen.“ Die Möglichkeiten, die das renommierte Theater dafür bietet, lässt beide schwärmen: „Ein modernes Haus mit allen technischen Errungenschaften, eine der größten Bühnen in ganz Europa mit nahezu unbegrenzten Möglichkeiten und eine hochqualifizierte Compagnie, mit der jeder Choreograf gerne arbeiten möchte.“

Yuki Kishimoto (Carmen), Wataru Shimizu (Don José), Tänzer*innen des Aalto-Balletts

 

In jedem Menschen steckt ein Tänzer

Das gibt es nicht überall, und das ist essenziell für das Essener Programm, denn am Aalto herrscht seit langem ein Grundsatz: Der Intendant und Haus-Choreograf zeichnet nur für eine Inszenierung innerhalb von zwei Jahren selbst verantwortlich, so wird Perspektivenvielfalt und Abwechslung für das Publikum garantiert. Darum ist es gut, dass Choereografen von internationalem Rang mit der Aalto-Compagnie gerne arbeiten. Die hat eine gute Größe, finden die beiden neuen Intendanten: 30 feste Mitglieder, und dazu sechs Gäste. Auch die Mischung stimmt: je zur Hälfte Tänzerinnen und Tänzer, reifere Mitglieder mit viel Bühnenerfahrung und junge, neue, die noch mehr „stürmen“ wollen.

All das erlebt das Publikum bei „Carmen“, der ersten Inszenierung, die Tůma und Hakobyan als Intendanten-Duo verantworten. Als Choreografen haben sie dafür Johan Inger gewonnen. Das Ergebnis kann sich in jedem Fall sehen lassen: „Ich habe selbst vier unterschiedliche Produktionen von Carmen getanzt. Diese aber ist die beste, die ich kenne. Sehr emotional“, ist Armen Hakobyan mit dem künstlerischen Auftakt absolut zufrieden. Es lohnt sich, das zu sehen, sind beide überzeugt und kennen noch einen großen Vorteil des Aalto-Theaters: „Das Publikum kommt, um zu sehen, nicht um gesehen zu werden“, lächelt Marek Tůma. Hier in dem über 1.000 Menschen fassenden großen Saal sind wirklich alle von Herzen willkommen, die Ballett kennen und lieben oder kennen- und bestenfalls auch liebenlernen wollen.

Dafür haben sie sich einiges einfallen lassen: Cinderella kommt auf den Spielplan, ein Stück für die ganze Familie, um auch junges Publikum anzuziehen und zu begeistern. Oder die neuen „Open Classes“, in denen die Teilnehmenden selbst unter der Anleitung von Intendanten, Ballettmeistern oder Choreografen in die Zauberwelt des Tanzes eintauchen können, denn „Der Ballettsaal ist ein magischer Ort“, wissen sie beide aus Erfahrung. Das Angebot hat schon so viele Interessierte gefunden, dass es schon einmal aufgestockt wurde – und im Handumdrehen wieder ausgebucht war. Hier geht es – wie für die „reinen Zuschauer“ auch – darum, ein Erlebnis gemeinsam zu teilen. Die Aktiven auf und hinter der Bühne freuen sich über jeden Gast, weil es immer eine Anerkennung für die eigene Arbeit ist. Und die Erkenntnis: „In jedem Menschen steckt ein Tänzer“, lächelt Hakobyan, „manche wissen es nur (noch) nicht“, nickt Tůma.

So sind die beiden neuen Intendanten gespannt erwartungsfroh, wie das Publikum auf die neue Zeit unter ihrer Ägide reagiert. Sie wollen mit ihrer Kunst das Publikum herausfordern, unterhalten und begeistern. Und genau dafür treten sie im Pas de deux an. Dem Höhepunkt des Balletts.

top magazin Ruhr Winter 2024
Redakteurin: Katrin Kroemer
Fotograf: Ralf Schultheiß

Titelbild: Armen Hakobyan und Marek Tůma sind die neuen Ballett-Intendanten des Essener Aalto-Theaters