Menschen

Ankommen und Vertrauen im Zeichen der Caritas

Sie schicken LKW-Ladungen mit Babynahrung auf die Reise, sie stehen am Bahnhof mit einem Willkommensstand, sie senden Schlafsäcke und Decken an die ukrainisch-rumänische Grenze und besorgen Wasserfilter, da, wo es eigentlich schon keiner mehr gibt, um im Kriegsgebiet zu helfen. Und sie empfangen die Menschen dort herzlich, wo sie ankommen.


 

Mit offenen Armen von der Caritas aufgenommen: Vladislava und der sechsjährige Radislav werden von Kausar Adbul Latif in Essen betreut

 

Das alles steht im Zeichen der Caritas – ein Symbol, das welt-weit bekannt ist und beim Menschen Vertrauen schafft. Und unter diesem Zeichen sollen die Menschen, die alles verloren haben, hier im Revier nun sicher ankommen und Zuflucht finden, verspricht Prof. Björn Enno Hermans, Direktor in Deutschlands ältestem Caritasverband in Essen.

Olha, Mutter der dreijährigen Daria, und Vladislava mit ihrem sechsjährigen Radislav wissen das zu schätzen. In Leithe haben sie Anfang März an der Grimbergstraße ihren ersten Platz in Deutschland gefunden, vor allem sicher. Weit weg vom Krieg, der in der Heimat tobt. Sie sind nicht gekommen, um zu bleiben. Sobald es geht, wollen sie zurück nach Hause, zurück in ihr eigentliches Leben. Aber so lange wollen sie sich hier auch nicht aushalten lassen, so schnell wie möglich auf eigenen Beinen stehen, Gastgebern nicht zur Last fallen. „Das ist bei allen, die hier gerade Schutz suchen, deutlich zu spüren“, hat Prof. Hermans in den Einrichtungen, die die Caritas und SkF in Essen betreiben, immer wieder erfahren.

Integration und Selbstständigkeit ja, aber vor allem als Sprungbrett zurück in das vertraute Dasein. Dem Caritas­Direktor stockt dabei ein wenig die Stimme: „Kein Mensch weiß, wann das möglich wird, wie es nach dem Krieg in der Ukraine dann dort wirklich aussieht.“

Den Glauben an ihre Rückkehr aber pflegen sie, die Neuankömmlinge. Das sind in erster Linie Frauen und Kinder. Die meisten sind gebeutelt und geschockt, aber noch nicht von wochen­ oder monatelangen Fluchtrouten auf abenteuerlichsten Wegen gezeichnet. Und darum stehen die Rechtsanwältin, die Zahnärztin und die Schneiderin bereit, suchen Arbeit und eine Wohnung, um auf eigenen Füßen zu stehen, die sie dann zum richtigen Zeitpunkt auch wieder zurücktragen können. Die Caritas hilft auch da: „Wir schreiben Pfarreien an und aktivieren unser Netzwerk.“ Heraus kommen tatsächlich Wohnungsangebote, aber auch viele Spenden und ehrenamtliche Unterstützung für die Menschen bei ihren ersten Schrit­ten in diesem ungewohnten Leben. Ihre Männer und Väter mussten sie zurücklassen, sie müssen zu Hause für die Verteidigung der Freiheit gegen den Angreifer bereitstehen.

Vladislava und Radislav sind aus der hart umkämpften Stadt Charkiw in der Ostukraine nach Deutschland geflohen. Die Zahnärztin sucht mit ihrem Sohn hier vor allen Dingen Schutz und Sicherheit.

 

So geht es bei den Aktionen aus der Ruhrstadt auch um Hilfe für die Ukraine selbst, es geht um die Unterstützung, die Menschen dort brauchen. „Da hilft es, dass die Caritas ein welt­weites Netzwerk ist“, lobt Prof. Hermans die Kraft der Organisation. Viele Rädchen greifen ineinander: „Wir haben über einen ukrainischen Priester erfahren, dass Wasserfilter gebraucht werden, vor allem für Kleinkinder.“ Der Markt war leer, aber Prof. Hermans und sein Team wurden in Israel fündig und schickten die sehnsüchtig erwarteten Geräte auf die Reise. Ebenso wie Lkw­Züge voller Nahrungsmittel. „Da hat sich Thomas Schiemann an uns gewendet – er exportiert schon lange Lebensmittel in die Ukraine und wollte nun helfen.“ Gemeinsam mit dem Essener Unternehmer rollen seither Brot, Nudeln und Milch auf den noch möglichen Wegen in die Ukraine, werden dort verteilt. Auch der Discounter Aldi sprang auf den Solidaritätszug auf und steuerte Nahrung und Hygiene­Artikel für Babys bei, die mit Hilfe der Essener Caritas auf 25 Sattelschleppern ihre Reise in die Ukraine antraten.

Die große Hilfsbereitschaft macht den Caritas­Direktor froh, dennoch bleibt sein Blick auf die Situation wachsam. Noch sind viele der Schutzsuchenden in anderen Ländern, viel näher an ihrer Heimat geblieben. Aber es werden immer mehr, die auch hier vor Ort Hilfe suchen und brauchen. Von der Ankunft am Caritas­Stand im Bahnhof über die erste Orientierung, Verköstigung und Unterbringung, die Betreuung und Begleitung. Da hilft, dass alle dafür zusammenstehen. Die Stadt, die Wohlfahrts­ und Jugend­verbände, Haupt­ und Ehrenamt. Ganz einfach, um zu helfen und ein Stückchen Hoffnung zu geben für die Menschen aus der Ukraine.

Artikel von www.top-magazin.de/ruhr