Ruhrrevier

Mein Marxloh

Echte Heimat und Ziel für ganz große Pläne: Deniz Güner möchte den Duisburger Norden von seinem Schmuddel-Image befreien und zu einem Montmartre der Stadt machen. Darum tritt er bei der Landtagswahl an.


Deniz Güner auf dem Weg durch seinen Heimatort Marxloh – hier am Pollmannkreuz begegnen sich Weseler Straße und Kaiser-Wilhelm-Straße

 

Er war fünf Jahre alt, da gab es bei ihm zu Hause erstmals ein eigenes Ba ­ dezimmer statt einem Zink­Zuber im Keller zwischen den Mäusen und dem Klo auf halber Treppe. Die Erfahrung eines kleinen Jungen, die Deniz Gü­ner nie vergessen hat – und die er an­deren Menschen heute ersparen will. Genau darum hat er sich nicht nur energisch auf der Lebensleiter hoch­gekämpft, sondern auch noch der Politik verschrieben. „Nur die Politik kann ändern und anfassen, was nötig ist“, sagt der 43­Jährige und tritt des­halb für die CDU bei der Landtags­wahl an. Das alles spielt in Marxloh, jenem Viertel in Duisburg mit seinen zwei Gesichtern: Als No­go­Area ei­nerseits verschrien und andererseits als Brautmoden­Meile international berühmt. Für Deniz Güner, das Kind dieser Stadt, ist es aber viel mehr als das: Sein Marxloh mit dem klaren Potenzial aufzusteigen. Wie Phoenix aus der Asche, nahezu wörtlich. Aus dem oftmals grauen Antlitz will De­niz Güner ein neues In­Quartier für die Stadt entwickeln. Für Studieren­de und Künstler einen Anziehungs­punkt mit neuem quirligem Leben schaffen, die Stadt Duisburg dafür in die Pflicht nehmen.

 

Besuch bei „Mia Sposa“ auf der berühmten Marxloher Brautmoden-Meile

 

Am August­Bebel­Platz im Herzen von Marxloh startet Deniz Güner seine Tour zu den Menschen, immer die breite Weseler Straße entlang. Da jongliert er perfekt zwischen tür­kisch, seiner Muttersprache, und deutsch, dem Klang seiner Heimat. Denn diese Heimat ist im Duisbur­ger Norden, da, wo der heutige Wirt­schaftsfachmann und aufstrebende Landespolitiker seine eigenen tiefen Wurzeln hat. Drum weiß er auch, wie die Menschen hier ticken, 75 Pro­zent haben einen Migrationshinter­grund. Ihre Familien kamen einst, als Thyssen ihre Arbeitskraft dringend brauchte, heute gerät diese Industrie­Vergangenheit in den Hintergrund. Viele haben ihre Arbeit verloren, ge­funden aber haben die Menschen in Marxloh ihren Platz – und den will der CDU­Mann Güner ihnen bei all seinen neuen Ideen und Plänen auf keinen Fall streitig machen.

 

Im Cafe Femm steigt eine große Verlobungsfeier – Deniz Güner gratuliert der Familie von Herzen

 

Aber er will Chancengleichheit, und die beginnt bei der Bildung, weiß er aus eigener Erfahrung. Seine Mutter war es einst, die dem kleinen Ben­gel auf der Grundschule einbläute: Du musst deutsch sprechen, damit du in die deutsche Klasse kommst. Das tat Deniz dann auch, überwand früh die krasse Trennung zwischen den Gastarbeiter­Kindern und den Deutschen, die es einfach besser und leichter hatten. „Und meine Eltern waren beide Analphabeten“, weiß Güner und kann heute nicht hoch genug diesen Rückenwind schätzen. Den will der 43­Jährige nun seinen Landsleuten im doppelten Sinne geben: Allen Menschen in Marxloh, auch denen mit türkischer Herkunft und deutschem Zuhause.

 

Die junge Frau Ezlem sucht Rat für ihren Berufsweg – Deniz Güner hat dafür immer ein offenes Ohr

 

Vieles ist geschehen – der Ort im Duisburger Norden duckt sich grau in grau an den Straßen entlang. Und entfaltet hinter den Fassaden einen ganz besonderen Glanz: Tüll und Spitze, Pailletten und Seide, Taft und Tand füllen Laden um La­den mit Brautmoden. Jedes einzel­ne Kleid eine Robe mit Schleier und Schleppe, mit Liebe und Fantasie entworfen. Daneben das Outfit für den Herrn, buchstäblich von Kopf bis Fuß fein und stylish. Deniz Gü­ner geht lächelnd an den prunkvol­len Schaufenstern entlang und steht bewundernd neben einer Puppe mit extravagantem Traumkleid. „Hey – da sollte lieber eine echte Frau drin­stecken“, frotzelt Jugendfreund Ek­rem im Vorbeigehen. Deniz Güner steckt die Anspielung auf sein Jung­gesellendasein grinsend weg – sein Augenmerk gehört zurzeit mehr den großen Plänen für die Stadt als den eigenen.

 

Mohammad Shekho (r.) ist Schneider und weiß im „By Men“ die Herren richtig zu kleiden

 

Seinen eigenen Weg ist er dabei bis hierher zielstrebig gegangen: Grundschule, Clauberg ­Gymnasi­um, Abitur, Studium in Berlin, im Schwarzwald und in Amerika. Drei Abschlüsse in Wirtschaftswissen­schaften sind der Lohn und eine gute Position in einem amerikanischen Konzern – er wollte und hat bewie­sen, dass das alles aus einer schlich­ten Malocher-­Familie aus Marxloh heraus funktioniert. Gemeinsam eben. Darum heißt auch sein Pro­gramm für seinen Wahlkreis III von Marxloh über Ruhrort bis Duissern „Duisburg gemeinsam“. Was er damit will – ganz einfach: „Den Duisburger Norden zukunftsfähig machen und Wohlstand für eine breite Masse der Bevölkerung ermöglichen.“ Dass er das Zeug hat, sich durchzubeißen, hat Deniz Güner bewiesen. Jetzt muss er nur noch gewählt werden, damit er die Chance bekommt, auch seine Visionen von Marxloh als neuen hippen Stadtteil wahr zu machen.

 

Alte Freunde: Deniz Güner und Nazim Bilgen stammen aus Marxloh und wissen den Charme dort zu schätzen
Artikel von www.top-magazin.de/ruhr