Menschen

Das Leben am Filmset – Kolumne Birte Glang

Die Soap in der Soap


Birte mit ihrer Filmfamilie Öztürk: Birte als Lena, Kollege Sam Eisenstein alias Marian und Ralf-Maximilian Prack als Filmsohn Alexander

 

Die letzten Monate habe ich mich oft gefragt, wer bitte dieses Drehbuch für unser aktuelles Leben geschrieben hat: COVID19, Shutdown, Eltern verzweifeln im Home-Office mit ihren Kindern, Arbeitslosigkeit, unendlich viel Leid und eine Welt steht still. Als Schauspielerin lese ich oft ein Drehbuch und schüttele den Kopf. Das soll realistisch sein? Trotzdem ist es dann mein Job, einen Weg finden, diese Geschichte möglichst glaubhaft darzustellen.

In den letzten drei Monaten war die TV-Serien-Story, die ich bei „Alles was zählt“ für RTL drehen durfte, sehr emotional, aber auch tatsächlich sehr realistisch: Da geht es um Trennung, um einen Seitensprung, um ein gemeinsames Kind und einen handfesten Sorgerechtsstreit. Zum Glück musste ich diese Dinge nicht schon einmal selbst im echten Leben durchmachen, aber genügend andere Menschen werden mir jetzt wohl zustimmen, dass diese Dramen auf der Tagesordnung stehen.

Zeitgleich empfand ich die Realität dagegen eher als Film mit einem wirklich völlig bizarren Drehbuch. Wie oft habe ich mich gefragt: „Bin ich denn hier in einem schlechten Film?“ Um mal kurz Revue passieren zu lassen: Da ist plötzlich Drehstopp wegen COVID19, kurz danach stirbt einer meiner Schauspielkollegen, dann wird die Produktion von „Alles was zählt“ in der deutschen #1-Boulevard-Zeitung mit Mobbing-Vorwürfen konfrontiert, während wir zeitgleich mit völlig abstrusen neuen Corona-Alltags-Drehbedingungen die Dreharbeiten wieder aufnehmen. Bis hin zum jetzigen Zeitpunkt, an dem uns Maskenbilder mit doppelter Maske gegenüberstehen, um uns wieder schminken zu dürfen.

 

 

Auch als Model immer noch aktiv: Birte Glang

 

Den Anfang vom sogenannten „Shutdown“ brauche ich wohl nicht zu erläutern: Plötzlich saßen wir alle im Home-Office mit unseren Kindern 24/7! Mein Kollege Ron Holzschuh klagte schon einige Zeit davor über Schmerzen und erlag dann im April den Folgen einer kurzen, intensiven Krankheit, die aber nichts mit Corona zu tun hat. Es war für mich unfassbar, ein Kollege, mit dem ich noch Tage zuvor gemeinsam vor der Kamera stand. Wir hatten viele gemeinsame Szenen, schließlich spielte er meine Liebesaffäre in der täglichen TV-Serie. Weitere Szenen mit ihm hatte ich schon vorbereitet. Die Produktion fand kurzerhand einen Weg, die Geschichte ohne Ron alias Niclas Nadolny weiterzuerzählen.

Die Passagen wurden komplett umgeschrieben, teilweise spielte ein Double die letzten Szenen. Es war furchtbar, aber „the show must go on“ würden wohl die Fernsehmacher sagen.

Kurz darauf gab es derbe Mobbing-Vorwürfe gegenüber der Produktion, dass einige Schauspieler Ron Holzschuh ohnehin schon aus der Produktion gemobbt hätten und das vielleicht im Zusammenhang mit seinem Tod stehe. Die Stimmung war am Ende. Doch irgendwie rappelten sich alle wieder auf und die Dreharbeiten gingen weiter: mit doppeltem Pensum und unter besonderen Bedingungen. Morgens beim Betreten der Produktionsstätte wird seither unsere Körpertemperatur mit einem Stirnmessgerät kontrolliert. Für die, die mit dem Fahrrad kommen, heißt das häufig abwarten, da sie „unterkühlt“ sind. Für die, die später anfangen und im Auto durch Sonnen-einstrahlung „aufgeheizt“ sind, heißt das auch abwarten, denn da schlägt das Fieberthermometer zu hoch aus. Wenn das dann doch geschafft ist, geht es in die Maske. Im Gegensatz zu sonst schminken wir uns selbst. Die Maskenbildner stehen in mindestens 1,5 Meter Abstand hinter uns und leiten uns. Denn wir müssen ja genauso erscheinen, wie unsere Rollen sonst auch aussahen. Am Set begegnet man dann einem Team, das komplett maskiert ist. Nur wir Schauspieler werden ohne Maske, aber mit Mindestabstand geduldet. Requisiten werden nicht übergeben, sondern vorher desinfiziert. Intimere Szenen werden auch mit dem Mindestabstand gedreht. Wie das funktioniert? Kaum erklärbar, aber irgendwie geht es, es muss ja! Schaut es euch einfach selbst an … montags bis freitags 19.05 Uhr bei RTL oder jederzeit bei TVNow. Anfang August erwartet euch dann eine große Überraschung …

Bei „Alles was zählt“ weiß ich zumindest, wer für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, aber in unserem aktuellen realen Leben suche ich immer noch nach dem Übeltäter. Ihr stimmt mir bestimmt zu, dass dieser Autor sofort gefeuert werden sollte. Unsere Ur-Enkelkinder werden uns das bestimmt nicht glauben, dass die ganze Welt einmal ein paar Monate stillstand. Spaß beiseite, ich hoffe, dass ihr alle gut durch diese Zeit kommt! Ich wünsche euch Kraft, Geduld und einen tollen Sommer. Und wenn ihr euch zu Hause etwas sportlich betätigen wollt, dann probiert mal meine App „Move it Mama“ aus.
Eure Birte

 


Birte Glang – Juristin, Model, Schauspielerin, Mutter und Unternehmerin der weltweit umfangreichsten Mama-Workout-App weltweit: MOVE IT MAMA. Verheiratet mit DJ Moguai. Aufgewachsen im Kreis Recklinghausen, pendelt sie für ihren Beruf lange zwischen Berlin, Los Angelos und dem Revier, steht für Serien von „Alarm für Cobra 11“ bis SOKO vor der Kamera und ist in internationalen Produktionen zu sehen. 2017 wird Sohn Cooper in L.A. geboren, 2018 kommt die Familie zurück nach Hause, Birte spielt seit Februar 2019 eine Hauptrolle bei der RTL-Erfolgsserie „Alles was zählt“, die in Essen spielt.

Artikel von www.top-magazin.de/ruhr