Business

The Beauty of Waste

Ihr Geschäft ist der Müll. Der Abfall der Gesellschaft. Der landet bei der Firma Harmuth Entsorgung am Essener Stadthafen. Ein Business, das seine absolut guten Seiten hat. Weil es die Umwelt sauber hält und vielen Menschen Arbeit und einen festen Platz in der Gesellschaft gibt. Das, sagt Britta Harmuth, ist die Schönheit des Mülls.


Britta Harmuth mag Müll. Sie kennt seine schönen Seiten im Familienunternehmen Harmuth Entsorgung. Dazu gehört auch Kalle. Seit Kindesbeinen Teil der Familie und damit des Unternehmens.

 

Die Frau, die mit dem weißen Pudel genau hinter diesem Satz und für diese Philosophie steht, ist praktisch in das Unternehmen hineingeboren. Und darin mit aufgewachsen. Wie Kalle, der schon als Hundebaby seine Zeit auf ihrem Schoß im Büro verbrachte. „Kalle ist jetzt Buchhalter. Das hat er damals alles gelernt“, lächelt das Frauchen. Neben dem Humor prägt sie die Begeisterung für die Sache, für ihre Firma. Die die Menschen von all dem befreit, was sie selbst nicht wollen, nicht brauchen. Und die dann immer ein bisschen die Nase rümpfen, wenn es um den Müll geht.
Der hat ganz viele verschiedene Gesichter: Papierberge, Bauschutthalden, Metalllager, Grünabfälle, Holz oder Folien. Das alles findet Platz auf den 132000 Quadratmetern Am Stadthafen. Wird abgeholt, ausgeladen und vor allen Dingen sortiert. Nur dann können sich die Überreste der Gesellschaft wieder in Rohstoffe verwandeln. Durch Recycling, das für die Umwelt heute so unverzichtbar ist.
„Wir produzieren Zukunft“ – so heißt der Slogan des großen Entsorgungsbetriebes dementsprechend. Ja, lächelt Britta Harmuth, das stimmt. Aber daran arbeiten ja auch andere. Für sie ist in dem angestammten Familienbetrieb vor allem eines wichtig: Zu erkennen und zu zeigen, welche Chancen dieses Business bietet. Vor allen Dingen für Menschen, die es an anderen Stellen schwerer hätten, einen Arbeitsplatz zu bekommen. Wo Aufgaben verantwortungsvoll erfüllt werden müssen. Und dabei doch geleistet werden können, auch wenn gerade die Sprachbarriere noch hoch, der Ausbildungsstand noch niedrig ist.

Darum prägt multikulti die Abfall- und Recyclingbranche und trägt damit nicht nur zu einer sauberen Umwelt, sondern auch zur Integration in die Gesellschaft bei, blickt Britta Harmuth auch mit Stolz auf ihre vielfältige Belegschaft: 170 Menschen beschäftigt der Entsorger, „die sind unser Kapital“, weiß die Chefin.

 

Abfallentsorgung ist multikulti und gibt Menschen über viele Barrieren hinweg Arbeit und damit einen Platz in der Gesellschaft: Sheva, der Tamilie, Rexforth aus Ghana und Antonio aus Portugal freuen sich auf den neuen Kollegen Robert, der hier eine Ausbildung zum Bürokaufmann beginnen wird.

 

Sie fahren Lkw, die richtig dicken 40-Tonner-Sattelschlepper oder die normalen Container-Fahrzeuge bis zum Akten-Fahrzeug. Allein 50 Fahrer sind im Team, weil es eben überwiegend darum geht, die Menschen vor Ort von ihrem Abfall zu befreien und den dann zum Stadthafen zu bringen. Hier steht die Sortieranlage, auf der händisch getrennt wird, was nicht zusammengehört aber zusammen in einem Container gelandet ist. „Das ist ein guter Job für Menschen, die sich lieber ihren Platz im Arbeitsleben sichern, als von anderem Geld zu leben – über alle Ausbildungs- und Sprachbarrieren hinweg“, kennt Britta Harmuth den Wert dieser 20 Arbeitsplätze, die wenigstens Mindestlohn und dazu eine echte Aufgabe bieten.

So tritt dort Tag für Tag eine bunte Truppe an. Wie Sheva, der Tamile, der seit vielen Jahren seine berufliche Heimat bei Harmuth gefunden hat. Rexforth aus Ghana, der in seiner Heimat als Häuptlingssohn geboren ist, identifiziert sich ebenso mit seiner Firma. Außerdem trainierte Rexforth das Volleyball-Nationalteam der Damen. Nun spielt er als Chef im Papierschuppen bei Harmuth mit. Und dann ist da Antonio aus Portugal, der seit 16 Jahren als Fahrer zum Team gehört und Abfälle zur Sortieranlage bringt.

Vor allen Dingen die Überreste aus dem Baubereich, auf die Harmuth Entsorgung spezialisiert ist, werden hier sorgsam wieder auseinanderdividiert: Steine und Holz, Metalle und Folien, die dann sortenrein jeweils wieder eine gute Grundlage fürs Recycling sind. Das hilft Baufirmen, Garten- und Landschaftsbauern sowie Dachdeckern ebenso, wie Privatkunden, die gerade zu Hause mit einem Umbau beschäftigt sind.

Für sie alle steht der Service-Gedanke bei Harmuth im Vordergrund. Darum kümmern sich die Außendienstler ebenso, wie die Fachleute am Telefon. Das reicht von der Größenberatung für den Container bis zur benötigten Aufstellgenehmigung bei der Stadt, wenn öffentliche Flächen gebraucht werden. Und natürlich nehmen die Spezialisten auch ein Grundstück persönlich in Augenschein, wenn es darum geht, ob der große Abfallbehälter dort auch wirklich noch seinen Platz finden kann. Und das immer prompt und zuverlässig, denn: „Wir sind eingestellt auf die Bedürfnisse unserer Kunden.“ Ein Satz, der bei Harmuth immer ein verlässliches Versprechen ist.

Nicht nur ein zuverlässiger Partner für die Kunden will Harmuth sein, auch ein attraktiver Arbeitgeber. Darum hat Britta Harmuth im angestammten Familienunternehmen gegen manche Skepsis eine Pausen-Rückenschule installiert und nun auch noch „Entspannung“ in der Mittagspause eingeführt. Den Unkenrufen zum Trotz gibt der Erfolg ihr Recht, der sinkende Krankenstand ist die Messlatte.
Neues und eine Vorreiter-Rolle gehören dabei seit langem zu den Harmuths. Das Unternehmen, das 1966 in Mülheim mal winzig klein begonnen hat: Vater Stefan fuhr einen Lkw, Mutter Ursula managte das Büro. Daraus wurden am Ende drei Betriebshöfe in Mülheim, die schließlich 2007 auf der großen Fläche in Essen am Stadthafen zusammengeführt wurden. Bis heute bleibt in Mülheim die Geitlingstraße 101 bei den Menschen gefragter Anlaufpunkt für die Anlieferung von Abfall.

Fast 25 Jahre zuvor ahnte Stefan Harmuth bereits die Anforderungen der Zukunft. 1983, als noch jedweder Müll in die Verbrennungsanlage ging, schaffte Harmuth-Entsorgung die erste Sortieranlage für Gewerbemüll an, trennte Metalle, Holz und Steine als verwertbare Güter. Damals, da wurde der Vater noch für verrückt erklärt, niemand ahnte, dass das 30 Jahre später Standard ist, erinnert sich Britta Harmuth. Sie tritt seit 2016 in der Geschäftsführung des inhabergeführten Familienbetriebes in die Fußstapfen der Eltern. Auch weil die große Schwester Heike, geboren im Gründungsjahr der Firma, plötzlich viel zu früh stirbt und ihr angestammter Platz vakant ist. Gemeinsam mit Vater Stefan und Heikes Mann Stefan Strüngmann stemmt Britta nun die große Aufgabe. Nichte Marie hat die Familien-Gene geerbt und steht als nächste Generation schon in den Startlöchern für die Firma.

Auch künftig mit Fokus auf dem Umweltschutz. Den gibt es nicht ohne Recycling. Und der hat seinen Platz auf dem Entsorgungsgelände am Stadt-hafen. Hier sammelt sich außerdem in vier großen Teichen das Regenwasser. Eine besondere Idylle: Fische haben sich angesiedelt, Vögel brüten, Gänse kommen vorbei, sogar ein Eisvogel wurde schon gesichtet. „Da geht mir immer das Herz auf“, lächelt Britta Harmuth. Noch ein bisschen mehr als beim Sesamstraßen-Lied in Harmuths Telefon-Warteschleife: „Ich mag Müll“. Eben immer ein bisschen Humor, gepaart mit Begeisterung am Einsatz für eine saubere Umwelt.

 

Ohne Verwaltung geht es nicht: Vom Schreibtisch aus wird bei Harmuth am Essener Stadthafen viel Beratungsarbeit geleistet. Dafür bildet der Betrieb Industriekaufleute aus. Anaela Schmitt lernt diese anspruchsvolle Aufgabe.
Artikel von www.top-magazin.de/ruhr