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DENNIS IHLE IST GESCHÄFTSFÜHRER DES METROPOL-VERLAGS RUHR IN OBERHAUSEN UND GANZ AM PULS DER ZEIT. ER ERZÄHLT IN TOP RUHR SPANNENDES AUS SEINER SICHT. VERSTECKT, VERTRÄUMT UND ECHT MALERISCH – ZUGEGEBEN, DAS VERBINDET NICHT JEDER GLEICH MIT MALLORCA. ABER GANZ EHRLICH: ICH BIN TOTAL GERNE AUF DIESER INSEL, WEIL ES DA AUCH IMMERZU SO VIEL UNGEWÖHNLICHES, FAST VERWUNSCHENE ECKEN ZU ENTDECKEN GIBT.


Kunstliebhaber Dennis Ihle vor dem Hotel La Residencia freut sich über seine neueste Errungenschaft

 

Kennen Sie zum Beispiel Deià? Ein kleines Künstlerdorf zwischen Bergen und Meer mit einem wunderschönen Hotel; einen Aufenthalt dort finde ich einfach faszinierend. Alleine die unterschiedlichen Künstler sind ein echtes Erlebnis.

 

Der englische Interieur-Designer Matthew Williamson gestaltete 2018 für das La Residencia die Hotel-Suite 67

 

Wie stark die Kunst dieses alte mallorquinische Bergdorf prägt, erfährt man schon gleich im Hotel Belmond la Residencia. Das ist in einem traumhaften alten Gebäude untergebracht. Nein: Besser in zwei wunderschönen alten Bauten, die dann in den 1980er-Jahren zu einem Hotel verbunden wurden. Das klingt ja noch ganz simpel, aber dazu kursiert im Dorf selber eine völlig verrückte Geschichte, und die geht so:

Es trug sich zu in den 1980er-Jahren, dass der berühmte britische Schriftsteller Robert von Ranke-Graves die beiden alten Gebäude entdeckte und die Idee hatte, daraus ein Hotel zu machen. Graves hatte einen Freund, den Düsseldorfer Unternehmer und Kunstsammler Axel Ball. Der kaufte auf einem Flohmarkt in Palma zwei Bilder. Als er die dann richtig angeschaut hat, entdeckte er hinter den Leinwänden zwei echte Picassos. Die wurden bei Sothebys versteigert, und mit dem Erlös konnte dann das Hotel gebaut werden.

 

Williamson benutzt Blumenmuster, verträumte Aquamarintöne und schillernde Vogel- und Schmetterlingsdrucke

 

Klingt unglaublich, oder? So ist es auch nirgendwo aufgeschrieben. Aber mir hat diese Geschichte ein Mann erzählt der schwört, dass er selber dabei war. Der Mann heißt David Templeton und ist selber Künstler. Und jedenfalls ist die Story total cool und passt auch irgendwie zu diesem ganz besonderen Hotel. Von David erzähle ich übrigens später auch noch mehr. La Residencia ist auch wirklich etwas ganz Besonderes, richtig toll, so ein bisschen verträumt. Ich selber mag ja ohnehin viel lieber solche Häuser mit einem etwas traditionelleren Flair. Die beiden Gebäude des Hotels in Deià haben auch echt Geschichte. Sie gehörten früher mal zu einer Ölmühle und haben noch heute große Flächen mit alten Olivenbäumen. Da gibt es sogar noch fünf Esel, die bis heute bei der Ernte helfen. Und in einem der Restaurants, im El Olivo, steht auch noch ein alter Mahlstein von früher.

Inzwischen ist das ein Top-Hotel der feinen Belmond-Gruppe, und das merkt man auch als Gast sofort. Es ist dabei absolut individuell und ganz verschachtelt mit vielen Terrassen. Da kann man sich überall mit perfektem Service verwöhnen lassen und den Blick in die Berge oder aufs Meer genießen. Ich mag es immer ganz besonders, wenn sich die Annehmlichkeiten einer luxuriösen Hotelkette mit Individualität verbinden.

 

Die La Residencia-Kuratorin Cecilie Sheridan präsentiert ein Gemälde ihres verstorbenen Mannes George

Im Hotel wird ganz viel Wert auf besonderen Style gelegt. Da gibt es eine Suite, die hat der Designer Matthew Williamson gestaltet. Die ist mit künstlerischem Anspruch einfach total schön und zauberhaft gemacht. Da kommst du rein, und fühlst dich sofort wohl.

Überhaupt ist La Residencia bis heute auch so etwas wie eine Residenz für die Kunst. Sage und schreibe 800 Kunstwerke von 80 Künstlern werden dort gehütet. Und zwar von einer Frau, die in Deià alles und alle kennt. Sie heißt Cecilie Sheridan, ist praktisch die Kuratorin des Hotels und sie kommt mir ein bisschen vor, wie die Schirmherrin des ganzen Ortes. Mir hat sie jedenfalls die tollsten Kontakte zu der Künstler-Community im Dorf vermittelt. Denn ich wollte bei meinem Besuch nicht nur die Kunst sehen, sondern mal die Menschen treffen, die dahinter stecken. Klingt ungewöhnlich? Vielleicht – aber es lohnt sich.

Ich konnte auch gleich im La Residencia mit den Begegnungen anfangen. Denn in dem Hotel sind auch zwei Künstler-Ateliers untergebracht. Das eine hat ein Typ, Typ im wahrsten Sinn des Wortes, namens Alan Hydes, das ist der smarteste unter all den Künstlern. Er war früher mal TV-Moderator in England. Und wie er erzählt, auch mit echtem Erfolg. Trotzdem ist er ausgestiegen und macht jetzt eben Kunst auf Mallorca. Naja, in so einem schönen Hotel ist das ja auch eine gute Alternative.

Das andere Atelier im Hotel hat Juan Waelder. Der macht total abgefahrene Skulpturen. Früher hat er noch traditionell gearbeitet, die älteren Werke sind ganz plastisch. Inzwischen verdreht er seine Figuren in sich selbst, sodass sie ganz abstrakt werden. Einfach Wahnsinn, auf so eine Idee zu kommen.

Juan Waelder macht übrigens nicht nur selber plastische Kunst, er betreut auch die Skulpturen-Sammlung im Hotel. Da gibt es so viel an landestypischer Kunst zu sehen und zu entdecken, das ist beeindruckend. Auch landestypisch und dazu weltweit berühmt ist der Künstler Miró. Im Bistro Café Miró hängen 33 Originale an den Wänden. Miró ist ja auch Spanier, hat viel auf Mallorca gemalt und ist sogar hier gestorben: Vor 35 Jahren am 1. Weihnachtstag.

Die Insel und vor allen Dingen Deià hat schon immer Künstler angezogen. Und jede Menge Promis. Schon früher waren das Leute wie Pablo Picasso oder Peter Ustinov, Ava Gardner oder eben der angebliche Hotel-Gründer Robert von Ranke-Graves, auch einfach als Robert Graves bekannt. Dadurch hat Deiá den Namen Künstlerdorf bekommen. Heute haben da auch noch Pierce Brosnan, Andrew Lloyd Webber und Anni-Frid Lyngstad von ABBA eigene Villen, oder vielleicht eher Paläste.

 


 

Reisen inspiriert:

Reisescout Verena Weigelt

die Kunstliebhaber, die Architekten, die Designer. Die Kunst, das richtige Hotel und die richtige Reiseart zu finden, beherrscht das Fyne Travel Team aus Bochum rund um TOP RUHR Reisescout Verena Weigelt. Die Marke Belmond, zu der auch das La Residencia zählt, ist dem Team bestens vertraut und bekannt für seine legendären Luxushotels, Safarilodges, Flusskreuzfahrten oder seine Züge. Dazu gehört der nostalgische Eastern Oriental Express von Singapore nach Bangkok. Diese Tour wertet selbst Reiseprofi Verena Weigelt als eines ihrer beeindruckendsten Reiseerlebnisse.

 

https://fyne-travel.de/fyne/de/fyne-angebot/legenden-der-halbinsel/8 

 

 


 

„Swim Girl“, Alan Hydes ließ sich bei diesem Motiv von seinem Freund David Hockney inspirieren

 

„Artist in house“, Alan Hydes vor seinem Atelier im La Residencia

Da ist es schon absolut irre, die einheimischen Künstler in Deià zu besuchen. Denn offen gestanden war mir bei meiner Idee, mal die Ateliers direkt anzusehen, gar nicht klar, dass die Künstler dann dort auch leben. Auf diesem viele Millionen teuren Pflaster bleiben sie dort für ihre Kunst, obwohl sie die alten ganz traditionellen Häuser bestimmt für richtig viel Geld verkaufen könnten. Sie geben alles für ihre Kunst und leben auch dafür. Für mich sind das noch richtige Künstler, die Ideen haben und ganz eigene Sachen machen.

Zum Beispiel Arturo Rhodes. Ein ganz knorriger Engländer, der zuerst ganz verschlossen war und erst langsam zugänglich wurde und erzählt hat. Sein außergewöhnlichstes Projekt ist das symbolische iPhone, bei ihm ein Eye-Phone. Der Mann lebt und arbeitet in einem absolut spartanischen Umfeld und ist dabei total wach und politisch. Er beschäftigt sich viel mit gesellschaftspolitischen Phänomenen. Am Anfang, gebe ich zu, dachte ich: Das interessiert mich gar nicht. Am Ende fand ich es aber richtig spannend.

Alle diese Leute kennt eben Cecilie Sheridan. Eine ganz bunte Truppe, die seit vielen Jahren zusammengehört. Und entsprechend alt sind diese Künstler auch inzwischen. Vielleicht stecken auch genau darum dahinter so viele faszinierende Geschichten. Da sind wir ja eigentlich schon wieder bei David Templeton, der die Legende von den versteckten Picassos auf dem Flohmarkt in Palma so gerne weiterträgt. Der kam Anfang der 1970er-Jahre mit Frau und Kind nach Deià und traf Robert Graves. Der warnt ihn sofort:

„Was willst Du hier? Mit einer Familie ist es viel zu gefährlich. Hier gibt es nur Sex and Drugs and Rock’n Roll.“ David fühlt sich keineswegs abgeschreckt, sondern angefixt und bleibt. Von seiner
Familie trennt er sich zwar, aber Robert Graves wird sein Freund, Templeton begleitet die Entstehungsgeschichte des Hotels. Er selber lebt in einem ganz ursprünglichen Haus nach dem spanischen Standard der 1970er-Jahre genau gegenüber vom La Residencia. Als die Templetons damals in Deià ankamen, war das Haus nichts wert und sie konnten dort einfach so einziehen.

 

Bildhauer Juan Waelder präsentiert seine neuste Bronze-Skulptur in seinem Studio im Belmond La Residencia. Er ist auch Kurator des hoteleigenen Skulpturen-Gartens.

 

Sein neues Thema ist gerade Karma, das ist auch der Name seines neuen Bildes. Und er selber macht einen total entspannten Eindruck auf mich. Das alles in einem Haus mit einer Lage, die sicher ganz viel Geld einbringen könnte. Aber da sind die Künstler hier alle irgendwie gleich und bleiben lieber da, wo sie immer schon waren. Das macht ja auch dieses Künstlerdorf aus. Es gibt so wahnsinnig viele unterschiedliche Typen bei einem Gang durch Deià zu entdecken. Das ist übrigens auch ein Charme dieses Ortes: Von La Residencia aus kann man alles wirklich zu Fuß erkunden. Am Ende ist man dann ein bisschen schlapp, denn das ist schon ein Bergdorf. Jedenfalls sind wir dann in einem ganz verwunschenen Haus auf eine Künstlerin gestoßen. Genauer auf eine Malerin. Sie malt verträumte Landschaften. Ich würde mir so ein Bild in einer Wohnung oder einem Haus auf Mallorca sofort aufhängen. Einfach weil es mit den Farben und Stimmungen total dorthin passt. Die Frau heißt Leila Ward, und sie kann ihre Besucher aus Deutschland sogar verstehen. Sie hat eine Zeit lang in Düsseldorf gelebt.

 

Direkt an den Rändern des Tramuntana-Gebirges liegt das Künstlerdorf Deiá am 1064 Meter hohen Puig de Teix.

 

Kreuzweg-Bild an der sich hinaufschlängenden Gasse zur Kirche Sant Juan Baptista

Deià ist ohnehin wie ein Sammelbecken für die unterschiedlichsten Typen aus allen Himmelsrichtungen, die dann hier auch ganz unterschiedliche Kunst machen. Und hier wird dann sogar Geschirr zu Kunst. Wenigstens bei Joanna.

Auch sie hat eine ganz verrückte Geschichte. Sie kommt nämlich eigentlich aus Illiniois, ist irgendwann mit einem Schiff hier angelandet und einfach geblieben. So hat sie sich ihren Traum, nahe am Meer und nahe an der Natur zu leben erfüllt, erzählt sie selber. Für sie war das offenbar perfekt, denn Joanna ruht ganz spürbar in sich selber und ist mir super sympathisch.

Sie macht wunderschönes Geschirr, Vasen oder auch Nachttischlampen. Bei ihr habe ich mir Teller und eine Lampe mit Zitronenmotiv ausgesucht. Joanna macht die Sachen dann ganz individuell auf Wunsch fertig. Mit Zitronen als Motiv oder mit Olivenzweigen und schickt das sogar zu. So habe ich dann ein Stück mallorquinisches Flair für zu Hause.

Wer mal echtes ursprüngliches mallorquinisches Flair völlig anders als in den Touri-Hochburgen erleben will, kann das in Deià, habe ich bei meinem Besuch bemerkt. Und auch wenn der Ort obendrein eine schöne Badebucht hat, ist das eigentlich auch ein toller Trip im Herbst oder Winter. Einfach weil es so unglaublich viel in diesem Künstlerdorf zu sehen gibt. Ist bestimmt auch die perfekte Gelegenheit, typische Kunst auszusuchen, wenn man eigene vier Wände auf der Insel hat. Außerdem gibt es in Deià nicht nur ganz viel zu sehen, sondern nach den langen Touren zu Fuß auch wunderschöne Locations, um eine Pause zu machen. Total gut gefallen hat mir das Restaurant Es Raco d’es Teix. Innen ist es mallorquinisch eingerichtet und hängt voller Bilder von George Sheridan, Cecilies verstorbenem Mann. Mit perfektem Service wird die Sterne-Küche serviert. Der deutsche Koch Josef Sauerschell war früher Chefkoch im La Residencia.

 

Das Eye-Phone, das der surrealistische Maler Arturo Rhodes für eine Ausstellungsvorführung zum Thema „iPhone“ anfertigte ist genial. „Man kann mit sich selber in der Zukunft und in
der Vergangenheit sprechen.”

 

Seine surrealistischen Gemälde, wie Vincent van Gogh als Astronaut, sind originell und geistreich

Ganz anders, aber auch richtig gut, war ein Mittagessen in einem asiatischen Restaurant. Im Hanok Korean Restaurant auf der Hauptstraße empfehle ich einen Tisch auf der Terrasse mit Blick über die Dächer von Deiá. Das Essen war außergewöhnlich köstlich und der Service wirklich nett.

 

 

„Das Chaos in meinem Haus steht in Verbindung zu dem kreativen Prozess, in dem ich involviert bin.“ Arturo Rhodes in seinem alten Steinhaus unterhalb der Kirche von Deiá.

 

Davids Lebensmotto heißt: „Der Trick ist, jung zu sterben und das so spät wie möglich“

Und natürlich kann man jederzeit im Hotel Belmond La Residecia wunderbar essen gehen. Hier komme ich gerne wieder hin. 2019 soll es im La Residencia ein Kunst-Happening geben, plus langer Kunstnacht im Ort, in der dann alle Ateliers besucht werden können. Mal sehen, was Alan und Arturo, Juan und Joanna dann so alles zu bieten haben.

 

Das Multitalent David Templeton war Kunstprofessor in Cambridge. Als studierter Pianist und Gitarrist trat er z. B. auch in der Carnegie Hall auf. In seinem Werk „Karma“ kommt die Sehnsucht nach Wiedergeburt und Erneuerung zum Ausdruck.

 

Der Weg durch den Garten von Leila Ward ist gesäumt von Quitten- und Zitronenbäumen. Genauso sind ihre verträumten Landschaftsbilder – naturbezogen, filigran und in dezenten Farben.

 

Dennis Ihle entdeckt das Studio von Joanna Kuhne in der Altstadt von Deiá. Joannas Keramikprodukte mit landestypischen Motiven sind perfekt geeignet für das eigene Domizil auf Mallorca.

 

Dennis Ihle und Cecilie Sheridan im Sternerestaurant Es Racó dés Teix in Deiá
Artikel von www.top-magazin.de/ruhr