Menschen

Über Filmküsse, das Leben mit einem DJ und den üblichen Wahnsinn …

Als ich 2006 mein juristisches Examen absolvierte, wusste ich nicht, dass ich mich bald schon zwischen Groupies, Kussszenen und roten Teppichen wiederfinden würde. Hätte ich das absehen können, hätte ich vielleicht doch nicht von der Juristerei auf die Schauspielerei umgesattelt ...


Seit 12 Jahren ein Paar: Birte mit ihrem Mann André alias MOGUAI

 

Hollywoodstar Rutger Hauer (Blade Runner) und Birte als Bösewicht-Couple in einer Kino-James-Bond-Parodie

In dieser Zeit lernte ich auch meinen Mann im Fitnessstudio kennen. Mir war nicht bewusst, dass er ein sehr bekannter DJ und Musikproduzent ist, der jedes Wochenende auf den verschiedenen Festivals und Clubs dieser Welt auflegt. Als Partner stellte ich mir früher eigentlich jemanden vor, der etwas Solides gelernt hatte, vielleicht Bänker oder so etwas. Die ersten Male mit André – MOGUAI – bei einem seiner Auftritte waren schon bizarr. Einmal traf ich auf einen der weiblichen Groupies. Sie jubelte mir zu, weil ich doch gerade „einfach so“ mutig und unerwartet den DJ auf den Mund geküsst hätte. Ihr war natürlich nicht bewusst, dass wir ein Paar waren. Sie dachte, ich sei auch eines dieser verrückten Mädels, die mit vielen Tricks versuchen, dem DJ an die Wäsche zu gelangen.
Ein anderes Mal spürte ich selbst, wie wenig Mitleid Türsteher mit frierenden Frauen in der Schlange haben. Ich sagte „I’m with the DJ, I’m his wife“, aber auch das hätte ja jede erzählen können. Erst als André – selbst schon im Interview – merkte, dass er mich auf dem Weg in den Club verloren hatte, kam die Anweisung, dass ich wohl tatsächlich seine Frau wäre und wurde daraufhin in den Backstage-Bereich eskortiert.

Till (Ben Ruedinger) und Heidi (Birte Glang) als „Unter Uns“- Filmpaar

In einem anderen Club wurde ich von Hotelerbin Paris Hilton ignoriert, während sie unbedingt mit meinem Mann Wodka trinken wollte. Es ist wohl überflüssig zu erwähnen, dass so ein Geschehen für keine gute Stimmung zwischen den Frauen sorgt. Solche Ausflüge in die Nachtwelt sind einprägsam, und Frau muss sich ihrer Stellung in der Beziehung mit einem namhaften DJ schon sehr sicher sein, damit sie nicht eifersüchtig wird oder ihr Kopf wilde Fantasien spinnt, wenn der Herr Künstler alleine tourt.

Das Ausmaß dieser Welt kann man sich nur schwer vorstellen. Lasst mich soviel sagen: Deutschland ist zwar eher harmlos, Osteuropa dagegen sehr freizügig, das prüde Amerika zeigt im Alkohol- und Drogenrausch sehr viel Haut und Dreistigkeit und Asien feiert ekstatisch. Party, Alkohol, Sex – alles liegt nah beieinander. Wie soll ich da einen klaren Kopf bewahren, mit unserem Sohn allein zu Hause und mich dann bestenfalls noch selbst auf meine Schauspielrollen vorbereiten? Ohne Vertrauen geht da gar nichts. Schnell entwickelte ich auch eine Technik, um mit all den Eindrücken umzugehen: vom Tanzstil der Tänzerinnen ließ ich mich inspirieren, weibliche Fans begrüßte ich einfach selbst offen und direkt, und den ein oder anderen Spruch nahm ich mit mehr Humor. Die Szene lernte mich besser kennen, und schon bald wurde ich selbst mit großem „Hallo“ empfangen und die Verhältnisse „Birte ist Moguais Frau“ waren klar. Heute kennen mich viele auch als Schauspielerin aus dem TV. Den ersten Bekanntheitsschub gab es 2010 mit meiner Serien-Hauptrolle bei „Unter Uns“. Zu der Zeit war ich mit André auf dem Weg gerade zu einer Gala-Veranstaltung, als eine Frau ein Autogramm erbat. Natürlich von MOGUAI, dachte ich. Doch sie wollte tatsächlich ein Bild von mir, schließlich war ich die Heidi Danne aus der RTL-Serie. Mein allererstes Autogramm und echtes Neuland für mich! Interessant, aber ungewohnt. Und hier wendete sich das Blatt. Denkt man da nur mal an lange Drehtage, an Filmküsse oder andere intime Filmszenen, da kann der Partner einer Schauspielerin auch schon mal eifersüchtig werden. Als Team am Filmset lernt man sich wirklich gut kennen, schließlich verbringen wir viel Zeit miteinander. Die Gefühle in Szenen mit Schauspiel-Kollegen sollen möglichst authentisch wirken. Heißt das dann auch, dass Filmküsse „echt“ sind? Das vorweg: Es gibt Schauspiel-Kollegen, die nutzen solche Szenen eiskalt zu ihrem Vorteil aus und wollen daraus so richtige, züngelnde Küsse machen. Das ist aber eher die Ausnahme. Grundsätzlich ist jeder froh, wenn diese besonderen Szenen abgedreht sind, wenn wir ein „authentisches“ Produkt im Kasten haben.

Gefährlich nahe kommt Birte Schauspiel-kollegen Max von Thun im Kinofilm „Gut zu Vögeln“

Dabei gilt für uns Schauspieler, Zähneputzen und ein Pfefferminzbonbon sind ungeschriebenes Gesetz vor jeder dieser Szenen. Trotzdem konnte ich schon mal den ein oder anderen Kollegen nicht so gut „riechen“. Die Filmcrew hilft, indem wir überflüssige Takes versuchen zu vermeiden, d. h. unnötig häufiges Wiederholen der Kussszenen. Bei intimen Szenen ist es noch extremer, schließlich berührt man da einen halbnackten anderen Körper. Wir wollen glaubhafte Emotionen vermitteln. Um uns herum steht dabei ein ganzes Kamerateam, das mit Argusaugen jede Minibewegung von uns beobachtet. Das kostet Überwindung und irgendwie hilft es da fast, dass alles sehr technisch ist. Trotzdem, die Lippen, die Körper berühren sich. Aus Sicht meines Mannes, der das fertige Endprodukt im TV sieht, kann man da eine gewisse Skepsis und Eifersucht verstehen. Auch hier gilt, ohne Vertrauen geht da gar nichts! Und das gilt ja irgendwie für jede Beziehung. Da spielt der Job doch gar keine Rolle. Und es ist ja auch toll, wenn der Partner begehrt wird. Wenn André vor 20000 Leuten auf der Bühne steht und ich sagen kann „der gehört zu mir“. Wenn ich über den Bildschirm flimmere und André nur schmunzelnd feststellen kann, „so richtig kennt ihr meine Birte doch gar nicht“. Dann wissen wir, dass alles ein Showgeschäft ist und wir privat aufeinander zählen können. Und dann bin ich doch sehr froh, dass ich den soliden Juristen-Job gegen ein Künstlerleben eingetauscht habe. Ich wünsche euch einen wundervollen Herbst!
Eure Birte

 

 


 

 

 

Birte Glang

Schauspielerin, Model, Juristin. Aufgewachsen im Kreis Recklinghausen, nun Pendlerin zwischen Berlin, Los Angeles und dem Ruhrgebiet. 2010 wurde sie mit ihrer Rolle in „Unter Uns“ (RTL) bekannt. Seitdem ist sie regelmäßig in Serien wie Alarm für Cobra 11, SoKo, Letzte Spur Berlin und internationalen Produktionen zu sehen. 2017 stand sie außerdem für das #MoveItMAMA Fitnessprogramm für Schwangere und Rückbildung als Trainerin vor und Produzentin hinter der Kamera.

 

Artikel von www.top-magazin.de/ruhr