VON 1868 BIS HEUTE SCHREIBEN DIE FAHRZEUGWERKE EINE ERFOLGSGESCHICHTE. AUCH DURCH DEN KLUGEN EINSATZ DER DAMEN IN DER FAMILIE. 2018 WIRD DER 150. UNTERNEHMENS- GEBURTSTAG GEFEIERT.
Man schreibt das Jahr 1868. Bochum ist ein noch kleiner aber durchaus aufstrebender Industriestandort. Mit einem ebenso aufstrebenden jungen Mann: Friedrich Lueg gründet in diesem Jahr voller Tatendrang seine eigene „Vollständige Wagen-Fabrik“, baut, verkauft und repariert Kutschen. An seiner Seite Ehefrau Helene, geborene Wagner. Eine Kaufmannstochter aus Lippstadt. Die Gattin begleitet den Aufbau des jungen Unternehmens ab den 1870er-Jahren. Ein Team, das mit Erfolg am Werk ist: Bald schon wird aus den bescheidenen Anfängen an der damaligen Friedrichs-Straße eine aufstrebende Fabrik mit 25 Mitarbeitern. Bis 1891 Friedrich Lueg im Alter von nur 49 Jahren stirbt. Sohn Friedrich Oscar zählt erst 16 Jahre, so nimmt Helene selbst die Zügel in die Hand. Und ist damit die erste der Frauen, die sich als starke Lenkerinnen in die Annalen der heute 150-jährigen Firma Lueg eingetragen haben. Denn über alle Jahrzehnte ist die Geschichte der Fahrzeugwerke wesentlich mitgeschrieben von den Frauen der Luegs.
Exzellenter Ruf im Revier, im Reich und in Europa.
In Helenes Hand gedeiht die Firma zu neuer Blüte: „Friedrich Lueg Nachfolger“ beschäftigt bald 40 Fachkräfte unterschiedlichster Professionen. Die Bochumer liefern ihre Luxuskutschen an Zechen und Industrielle im Ruhrgebiet und bald auch ins ganze Deutsche Reich, nach Spanien, Portugal oder England.
Noch geht es bei der Firma Lueg lange nicht um Autos, das Geschäft der Wagen-Fabrik boomt unter Leitung der Kaufmannstochter Helene mit Luxus-Kutschen. Und das in einer Zeit, als das Frauenwahlrecht nicht eingeführt war und für die holde Weiblichkeit viel eher Heim und Herd als Bestimmung galten, denn die Führung eines Unternehmens. Helene ficht das nicht an, mit ihr blüht das Unternehmen weiter auf und erwirbt sich einen exzellenten Ruf im Revier, im gesamten Deutschen Reich und darüber hinaus in Europa.
„Friedrich Lueg Nachfolger“ beschäftigt bald 40 Fachkräfte. Die Luxus-Kutschen aus Bochum finden ihre Abnehmer nicht nur bei Zechen und Industriellen im Ruhrgebiet, sondern bis hin nach Spanien, Portugal oder England.
So werden die ursprünglichen Räume am Stammsitz, der heutigen Kortumstraße, zu klein. Helene entscheidet sich für den Abriss der bisherigen Fabrik und einen großzügigen Neubau. Um das Lager zu räumen, bietet sie 1894 Landauer, Cou-pés und Phaetons zu reduzierten Preisen an. Dann entstehen bis 1895 mitten in der Stadt Schmiede, Lackiererei, Sattlerei und Stellmacherei neu. Die fertigen Kutschen werden im Obergeschoss ausgestellt und mit einem mechanischen Aufzug zur Auslieferung herabgefahren.
1896 ist auch Sohn Friedrich Oscar nach seiner Ausbildung zum Wagenbauer soweit, neben der Frau Mutter in das Unternehmen einzutreten. In der Ära „Mutter und Sohn“, unter der gemeinsamen Führung von Helene und Friedrich Oscar wächst das Unternehmen unaufhaltsam weiter. Und auch im ausgehenden 19. Jahrhundert baut die Firma Kutschen: Über 40 Typen sind im ersten Musterbuch von „Friedrich Lueg Nachfolger“ enthalten – darunter Jagdwagen, Visà-Vis, Mylord, Doc-Cart bis hin zur luxuriösen Berline. Die Kutsche bestimmt immer noch das Stadtbild Bochums.
Das braucht Mitarbeiter und noch mehr Platz. 50 Fachkräfte arbeiten jetzt bei Lueg und so platzt die gerade erneuerte Fabrikation schon wieder aus allen Nähten. Also trifft Helene mit Friedrich Oscar die nächste Standort-Entscheidung: Sie investieren in der südlichen Innenstadt, an der Bahnhofstraße. Das Gebäude am heutigen Engelbertbrunnen wird für mehr als ein halbes Jahrhundert Sitz der Fahrzeug-Werke bleiben. Vier Jahre steht Helene ihrem Sohn in der Leitung noch zur Seite, bis der junge Mann am 1. Januar 1900 zum alleinigen Chef gekürt wird.
Mit Friedrich Oscar kommt noch im gleichen Jahr die nächste Frau in das wachsende Unternehmen, und es ist erneut eine Helene: Der frisch gekürte Firmenchef heiratet die Tochter der angesehenen Bäcker-Familie Hösterey aus Wuppertal-Elberfeld. Sie ist die ältere Schwester von Walter Hösterey. Der Bruder wird später unter seinem Pseudonym Walter Hammer als Publizist und Verleger des Fackelreiter-Verlags und als Widerstandskämpfer gegen die Nazi-Diktatur bekannt.
Aber nicht nur durch Heirat entwickeln die Luegs beste Beziehungen zu anderen Familien, die sich ebenfalls mit ihren eigenen Unternehmen in jener Zeit auf den Weg machen. Schon 1867 legten Wilhelm und Louise Schmitz mit einem Lebensmittelhandel den Grundstein für das heutige Firmenimperium Tengelmann. Ein Jahr eher als bei Lueg stand die 150-Jahr-Feier am Hauptsitz in Mülheim an. Bis heute wissen sich die Unternehmer-Familien eng verbunden. Der heutige Kopf, Karl-Erivan W. Haub, ist einer der ersten Gratulanten zum großen Lueg-Geburtstag.
Karl-Erivan W. Haub (Geschäftsführender und persönlich haftender Gesellschafter der Unternehmensgruppe Tengelmann)
Mit Lueg verbindet uns eine 42-jährige erfolgreiche Partnerschaft. Wir gratulieren zum 150. Jubiläum. Eine großartige Leistung! Auf eine erfolgreiche Zukunft.
1867 ist auch das Gründungsjahr der Essener Stauder-Brauerei, denn zum Revier gehört wie Kohle und Stahl nach alter Tradition auch das Bier. So fügt es sich, dass die Luegs auch mit der Familie Stauder gute Verbindungen pflegen.
Apropos Familie: Friedrich Oscar Lueg baut nicht nur gemeinsam mit seiner Mutter die Firma weiter aus, er trägt auch entscheidend zu den starken Frauen der Luegs bei. 1902, im selben Jahr, als der Spanische Hof die Bochumer Wagenbau-Firma zu seinem offiziellen Lieferanten kürt, wird Tochter Johanna geboren. In die Annalen geht die Erstgeborene der dritten Lueg-Generation als „Hanna“ ein. 1907 folgt als 2. Tochter von Friedrich Oscar die dritte Lueg-Frau mit Namen Helene. Sie wird später als „Leni“ gemeinsam mit ihrer Schwester Firmengeschichte schreiben. Bei Lueg an der Bahnhofstraße hat sich inzwischen Entscheidendes getan. Status als Spanischer Hoflieferant hin, Export der Kutschen bis nach Argentinien her, die Zeichen der Zeit stehen auf Wandel, weg von den vierbeinigen Pferdestärken hin zum Automobil mit seinen maschinellen PS unter der opulenten Motorhaube. Nicht nur zum modernen Transport dienen die Automobile, es werden schon Rennen gefahren. Friedrich Oscar glaubt an den Fortschritt und setzt, beeindruckt von den Erfolgen mit Daimler-Motoren beim Rennen von Nizza, auf Neues. 1902 entschließt er sich endgültig zum Einstieg in das Automobilgeschäft und gründet 1909 als Pionier der Branche den „Verband Deutscher Automobilhändler“ mit. Also wird die Erstgeborene Hanna von Beginn an mit dem Automobil groß. Und schon lange bevor die beiden Schwestern das Steuer der Firma fest in ihre Hände nehmen, steuert Hanna ihren eigenen Erfolgskurs. Der Motorsport zieht sie in seinen Bann, Hanna startet selbst bei Rennen, fährt auch Siege ein. Und das in einer Epoche, in der Frauen sonst nur in seltenen Fällen ans Steuer kamen. Bochum, die Heimat der Familie und der Firma, hat derweil selber auch ein besonderes Zeichen der neuen Zeit bekommen: die Jahrhunderthalle. 1902 prangte sie zunächst stolz bei der Expo am Rhein, jener Industrie- und Gewerbeschau, bei der sich die Wirtschaft aus Westfalen und dem Rheinland in Düsseldorf präsentierte. Auch Friedrich Oscar Lueg ist dort mit von der Partie und er wird für seine Luxus-Kutschen mit der Bronze-Medaille geehrt.
Dr. Thomas Stauder (Geschäftsführer der Jacob Stauder GmbH & Co. KG) Wir gratulieren herzlich zum Jubiläum und können sehr gut nachfühlen, wie man sich mit 150 fühlt ;-). Lueg und Stauder sind im Abstand von nur einem Jahr gegründet worden, da fragt man sich, ob unsere Vorfahren schon Kontakt hatten.
Thomas Kufen (Oberbürgermeister der Stadt Essen) 150 Jahre erfolgreiche Unternehmensgeschichte ist sehr beeindruckend. Das bedeutet ein hohes Maß an Verantwortung, an Innovationsfähigkeit und Leidenschaft. Ich gratuliere der Firma Lueg sehr herzlich zu ihrem großen Firmenjubiläum.
Annegret Schaber (Projektleiterin StraßenNRW) Die Frauen der Luegs, die immer schon die Räder am Rollen hielten, finde ich einfach großartig. Auch wenn ich beruflich zur „Frau, die die A40 sperrte“ wurde – ich fahre selbst gerne schnittige Autos. Und gerne von Luegs.
Heidi Hetzer (deutsche Unternehmerin und Rallyefahrerin) Wie gerne hätte ich Hanna Lueg kennengelernt. Ich habe großen Respekt vor der Zeit in den 1920ern. Die Frauen waren schon immer tapfer. Herzlichen Glückwunsch zum großen Jubiläum.
Dr. Ute Günther (Geschäftsführendes Vorstandsmitglied pro Ruhrgebiet) Innovationssprünge kommen aus dem Mittelstand: 150 Jahre Lueg sind beredetes Beispiel dafür. Pro Ruhrgebiet gratuliert herzlich zum Jubiläum und dankt dem Traditionsunternehmen aus Bochum für sein leidenschaftliches Engagement für die Zukunftsfähigkeit der Metropole Ruhr.
Dirk Opalka (Geschäftsführer Initiativkreis Ruhr GmbH) Lueg engagiert sich im Initiativkreis Ruhr und zeigt damit Verantwortung für eine gute Entwicklung seiner Heimat. Lueg und IR Ruhr: Beide eint das Bewusstsein, aus einer guten Tradition heraus mit Know-how und Innovation in die Zukunft zu gehen.
Dr. Jens Thiemer (Leiter der Marketing-Kommunikation Mercedes-Benz Pkw) Lueg ist einer der größten Vertriebs- und Servicepartner der Daimler AG in Deutschland und damit nicht nur für uns, sondern auch für alle Fans der Marke Mercedes-Benz ein Gewinn. In diesem Sinne: Herzlichen Dank für die gute Partnerschaft und weiterhin alles Gute!
Prof. Franz Xaver Ohnesorg (Intendant des Klavier-Festivals Ruhr) Ohne unsere erfolgreiche Partnerschaft mit Lueg könnten wir unsere Künstler nicht so verwöhnen, wie das schon seit Jahrzehnten unser Qualitätsstandard ist. Das prägt auch das Niveau unserer Konzerte mit.
Prof. Dr. Peter Zec (Geschäftsführer der Red Dot GmbH & Co. KG) Ich bin als CEO des Red Dot Awards täglich mit gut gestalteten Produkten umgeben. Schöne und schnelle Autos liebe ich dabei ganz besonders. Die bietet Lueg nun schon seit 150 Jahren. Das ist großartig und einen Glückwunsch wert.
Ralf Möller (Schauspieler) Die Marke Mercedes-Benz ist an sich schon stark, in Verbindung mit LUEG jedoch noch stärker – nicht zuletzt wegen des tollen Services und des großartigen Teams, das immer für einen da ist.
Ulrich Wimmer (Inhaber und Geschäftsführer der Wimmer Consulting GmbH) Ich bin das, was man getrost als autoverrückt bezeichnen darf. Die Leidenschaft zu Autos verbindet mich mit dem Traditionsunternehmen Lueg. Ich wünsche dem Unternehmen, dass es seine Zukunft genauso erfolgreich gestalten kann wie seine Vergangenheit! Herzlichen Glückwunsch.
Klaus M. Sälzer (Rechtsanwalt, Geschäftsführer der HOPF Immobilien-Entwicklungsgesellschaft mbH & Co. KG) Als Immobilienentwickler und Wirtschafts-Anwalt, weiß ich, was es bedeutet, eine Firma erfolgreich zu etablieren, zu betreiben und weiter zu entwickeln. Das gelingt Lueg jetzt schon eineinhalb Jahrhunderte. Respekt und Glückwunsch!
Die Zeit der beiden Schwestern ist geprägt von einer entscheidenden Umstellung: Die Damen setzen gemeinsam auf eine Professionalisierung des bisher rein familiengeführten Unternehmens und holen Geschäftsführer von außerhalb der Familie dazu. Zu sehr haben die plötzlichen frühen Todesfälle die Firma vor neue Herausforde-rungen gestellt, sodass aus Sicht der beiden Gesellschafterinnen nun mehrere Schultern die Aufgaben tragen sollen. Doch natürlich geht es nicht ohne die Familie: Neben den beiden Gesellschafterinnen tritt Friedrich Oskar Mahnert-Lueg, der Sohn von Leni, mit Mitte 20 in die Geschäftsführung ein. Ab 1968 rückt zunächst Friedrich Oskar und dann ab 1972 auch sein Bruder Jürgen Mahnert-Lueg, als Geschäftsführer in die operative Verantwortung. Friedrich Oskar behält diese Funktion bis 1998, die beiden Senior-Gesellschafterinnen bestimmen dabei über Jahrzehnte den Firmen-Kurs mit.
Hanna, die sich immer selbst als Unternehmerin verstanden hat, setzt bei dieser Entwicklung gleichzeitig alles daran, die Gesellschafter-Anteile unbedingt in Familienhand zu halten. So leistet sie beim Neubau des Stammhauses in Bochum eine persönliche Bürgschaft, damit es im Familienbesitz entsteht.
Leni Mahnert-Lueg ist ausgebildete Kunsthistorikerin und lebt mit ihrer Familie nicht mehr am Stammsitz in Bochum, sondern in Essen. Dort macht sie sich als Kunstmäzenin einen Namen. Gemeinsam mit ihrer Schwester ist Leni Mahnert-Lueg überdies immer sozial aktiv. Neben der 1918 gegründeten Friedrich-und-Helene-Lueg Stiftung entsteht die Paul und Leni Mahnert Stiftung, die sich für Wissenschaft und Forschung engagiert. Für ihren Einsatz bei diesen beiden Stiftungen wird Leni Mahnert-Lueg mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt.
Als sie 1992 stirbt übernimmt eine weitere Frau eine zentrale Rolle in der Lueg-Dynastie: Lenis jüngste Tochter Heidi Schily. Sie hat von den Eltern gleichermaßen soziales Engagement wie den Sinn für Kunst übernommen. Vor allem die Kinderhospiz-Bewegung liegt der Tochter von Leni Mahnert-Lueg am Herzen, hier scheut sie keinen persönlichen Einsatz für verzweifelte Eltern und sterbenskranke Kinder. Und mit ihrer ganz besonderen Art, so bescheinigen ihr aufmerksame Zeitgenossen, schafft sie es, die Zweige der groß gewordenen Familie nicht nur zusammenzuhalten, sondern auch, dass sie für ihr Unternehmen einen gemeinsamen Weg einschlagen. Den führt nun Christian Mahnert-Lueg im Aufsichtsrat für die ganze Familie fort.
Heidi Schily. Geht es um die heutigen Frauen der Familie Lueg, fällt ihr Name als einer der ersten: Heidi Schily. Als Gesellschafterin trägt sie seit jeher wichtige Entscheidungen mit. Mit ihrem Tatendrang, ihrer Leidenschaft, Dinge voranzutreiben und ihrer besonderen Ausstrahlung erinnert sie nicht selten an Helene Lueg, die das Unternehmen nachhaltig geprägt hat.