Menschen

Ennatz


Die Duisburger Zebras spielten in der Saison 1970/71 schon mit Bernard Dietz (vorne, 2. v. l.) als Stammspieler

 

Seinen 70. Geburtstag feiert Bernard „Ennatz“ Dietz am 22. März. Und immer noch ist er für den MSV Duisburg im Einsatz. Nicht mehr mit dem Ball am Fuß, aber im Vorstand. Und er hofft, die Zebras bald wieder in der 1. Liga zu sehen.

Er hat die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft als Kapitän zur Europameisterschaft geführt, schoss den MSV Duisburg ins DFB-Pokal-Finale, kickte für den FC Schalke 04, war immer dann Torschützenkönig, wenn es gegen den großen FC Bayern München ging und stand schließlich auch noch als Nachwuchstrainer in Diensten des VfL Bochum. In diesem Jahr wird Bernard Dietz 70. Und bis heute ist er für alle eingefleischten MSV-Fans noch immer „unser Hero“. Ein Held, der seinen Zebras die Treue gehalten hat, als gefeierter Nationalspieler, auch im fast dauernden 1.-Liga-Abstiegskampf. Jetzt sitzt er bei den Duisburgern im Vorstand und möchte das Team wieder zu besseren Zeiten führen: Nach dem gerade geschafften Aufstieg in die 2. Liga ist der Durchmarsch nach ganz oben sogar möglich. „Das wär sensationell“, schmunzelt Dietz. Auch ein tolles Geschenk zum runden Geburtstag.

Dabei ist der Mann, der mit dem Fußball um die ganze Welt gekommen ist, für sich selber absolut bescheiden. „Ich bin ein häuslicher Mensch, arbeite gerne im Garten und mag die Natur“, sagt Bernard Dietz. War er mit den Fußballern in Afrika und Argentinien, in Brasilien und Uruguay unterwegs, fährt er privat immer schon gerne mit der Familie an die Nordsee oder freut sich über eine Mosel-Tour mit den Traditions-spielern des MSV. Überhaupt hat der Mann aus Bockum-Hövel seine Bodenständigkeit bewahrt und die Wurzeln seiner dann so großen Karriere nie vergessen. Bernard oder „Ennatz“, wie er seit der Jugend gerufen wird, wächst als jüngstes von neun Kindern seiner Eltern in der Normalität einer kleinen Bergarbeiterstadt auf. Erst mit 10 Jahren dürfen die Kids damals in einen Fußballverein eintreten, Ennatz kommt zum SV Bockum-Hövel. „Zu den blaugelben, da war schon mein Onkel“, erinnert er sich. Nach der Schule steigt er mit 13 Jahren in die Lehre zum Schmied-Schlosser ein, schließt die ab, Fußball spielt er nur nebenbei. Bis er schließlich in der Saison 1969/70 für die 1. Mannschaft in der Landesliga auflaufen darf – nebenberuflich, versteht sich.

Und da macht Dietz plötzlich die ganz großen Clubs auf sich aufmerksam: Er schießt in den ersten zehn Spielen 90 Tore. Der 1. FC Köln klopft an und der MSV Duisburg bittet zum Probetraining. Gar kein so einfaches Unterfangen damals, Ennatz musste erstmal jemanden finden, der ihn dorthin kutschierte. Am Ende schlägt er beim Meidericher SV ein, seine Profi-Laufbahn beginnt. „Erst schleppend“, lächelt er heute, doch schon im 2. Jahr steht er als Stammspieler auf dem Platz, tritt gegen die „ganz Großen“ an, wie Beckenbauer. Auf dem Rasen findet Bernard Dietz seinen Platz als linker Verteidiger, mit bestem Erfolg. Und nachdem er 1974 bei der WM noch als Zuschauer am Schirm mitfiebert, bekommt er schon drei Monate später die Einladung zur Nationalmannschaft. In Frankfurt wird er von den Weltmeistern um Beckerbauer, Müller oder Hoeneß bestens aufgenommen. „Das muss man sich mal vorstellen: Der kleine Junge aus Bockum-Hövel spielt mit denen“, sagt er noch heute fast ein bisschen kopfschüttelnd. Bodenständig eben. Im deutschen Trikot wird der Junge aus Bockum-Hövel 1976 Vize-Europameister, spielt 1978 bei der WM in Argentinien mit und führt schlussendlich 1980 das Team in Italien zur Europameisterschaft. Was ihm in der Nationalmannschaft nicht gelingt, zeichnet ihn bei den Clubspielen mit seinen Duisburgern aus: Ennatz ist als linker Verteidiger erfolgreicher Torschütze. 77-mal trifft er in seiner Karriere und hält damit bis heute den Rekord unter den Abwehrspielern. Sein Lieblingstor: „1975 im Pokal-Halbfinale gegen Borussia Dortmund.“ Dietz schießt in der Verlängerung zum 2:1 ein – „mit Wadenkrämpfen“. Die Schmerzen sind egal, der MSV steht im Finale. Und dann sind da noch die vier (!) Tore, die der Abwehrmann 1977 erzielt, ausgerechnet gegen Karl-Heinz Rummenigge und den FC Bayern. Da siegt der MSV zu Hause 6:3. Highlights für Duisburg in den vielen Jahren im Kampf gegen den Abstieg, der dann 1982 trotz allem besiegelt ist. Nach 19 Jahren am Stück in der ersten Liga, zwölf davon mit Bernard Dietz. Und die Zebras verkaufen Ennatz an den FC Schalke, fünf Jahre spielt er in Gelsenkirchen, dankt erst 1987 mit 39 ab. Auch im Parkstadion trägt er sich mit einem denkwürdigen Tor in die Annalen ein. Wieder gegen den FC Bayern, erzielt das 5:5 im Pokal-Halbfinale, das dann 6:6 endet und der Finaleinzug erst im Rückspiel vergeben wird.

Heute ist sein Schwiegersohn Michael Mitglied im Münchner Club – und dennoch im Hause Dietz in Walstedde gerne gesehen. Da ist ohnehin immer was los, wenn die Familie zusammenkommt. Tochter Nicole mit dem „Bayern“-Ehemann und zwei Jungens und Sohn Christian mit seiner Frau und drei Kids. Mit Christian zusammen führt Bernard Dietz auch eine eigene Fußballschule, damit der Nachwuchs weiter gefördert wird. Für eine gute Zukunft. Und Erinnerungen an eine spannende Vergangenheit auf dem grünen Rasen pflegt er mit der MSV-Traditionsmannschaft. Jeden 1. Mittwoch im Monat im Clubhaus an der Westender Straße. Und bald ist der Junge aus Bockum-Hövel, der es mit dem runden Leder soweit gebracht hat, auch noch ein Film-Star. „Ennatz – der Film“ kommt bald in die Kinos.

Artikel von www.top-magazin.de/ruhr