Menschen

Hans Martz trifft MARKUS DEL MONEGO

Der Weltmeiser der Sommeliers 1998, Master of Wine, mehrfacher Sommelier des Jahres, Master of Sake, Ambassador der Accademia del Barolo, Ambassadeur des Ordre des Coteaux de Champagne, erfolgreicher Unternehmer und Autor zahlreicher Bücher wohnt in Essen. Mit dem „Master“ und gefragten „Genussexperten“ sprach Hans Martz* über eine Welt, in der Wein und die Weinkultur eine wichtige Rolle spielen. *Vorsitzender des Freundeskreises Theater und Philharmonie Essen e.V.


Auch der Herbst kann mit einem Glas Rotwein schön sein

 

Hans Martz: Herr Del Monego, Sie sind Weltmeister aller Sommeliers, Master of Wine, mehrfacher Sommelier des Jahres, anerkannter Genussexperte und vieles mehr – gibt es in ihrem Leben noch etwas, was Sie gerne erreichen möchten?

Markus Del Monego: Die für mich wichtigen berufl ichen Auszeichnungen habe ich erreicht und ich möchte auch weiterhin in der Weinwelt erfolgreich sein. Dabei trage ich mich aber nicht mit dem Gedanken, beispielsweise ein eigenes Weingut zu eröffnen. Da gibt es Menschen, die berufener sind. 

Hans Martz: Was ist ihr größtes Ziel als Weinexperte?

Markus Del Monego: Menschen mit Wein ein bisschen glücklicher zu machen!

Hans Martz: Welches war die für Sie wichtigste Auszeichnung?

Markus Del Monego: Die beiden wichtigsten Auszeichnungen sind für mich der Sommelier-Weltmeister und der Master of Wine. Diese beiden Titel zu werten ist jedoch schwierig, denn die Sommelier-Weltmeisterschaft ist die anspruchsvollste Herausforderung der gastronomischen Welt, während die Prüfung zum Master of Wine in der Weinwelt die vermutlich schwierigste Aufgabe ist und detailliertes Wissen über Wein (Geschichte, Önologie, Anbaugebiete, Terroir, Rebsorten, sensorische Aspekte) verlangt.

Hans Martz: Sie haben einmal gesagt: „Wein ist meine Leidenschaft“. Was war der Auslöser dafür, dass Sie Sommelier geworden sind?

Markus Del Monego: Das war ein Ferienjob im Mövenpick-Restaurant in Weil am Rhein 1983. Als ein amerikanischer Gast eine Flasche besten Rotweins mit Zucker „verbessern“ wollte, war ich so geschockt, dass ich ihn nicht mehr bedienen wollte. Die Restaurantleiterin wies mich aber auf die unterschiedlichen Geschmackspräferenzen der Menschen hin und versprach mir ein Weinseminar, sollte der Gast das Restaurant zufrieden verlassen. Das Versprechen hat sie eingelöst und von dem Moment an bin ich der Faszination für dieses Thema erlegen. 

 

Hans Martz und Markus Del Monego auf der Suche nach einem guten Rotwein

 

Hans Martz: Gibt es etwas, dass sie heute in ihrem Leben anders machen würden?

Markus Del Monego (überlegt lange): Was meinen Beruf und meine Partnerschaft angeht, sicher nicht und die beruflichen großen Entscheidungen würde ich heute auch ähnlich treffen. Aber wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich mich gerne mehr mit der Kunst, der Kultur und der Musik beschäftigen.

Hans Martz: Del Monego, das hört sich nach italienischen Wurzeln an. Stimmt das?

Markus Del Monego: Ja, mein Urgroßvater ist 1906 aus einer kleinen Provinz nördlich von Venedig, aus Belluno/Dolomiten, nach Deutschland ausgewandert.

Hans Martz: Viele Menschen würden gerne mit ihnen tauschen und täglich nur die allerbesten Weine trinken und die weltberühmten Chateaus im Bordeaux besuchen. Macht es immer nur Spaß oder ist das manchmal auch harte Arbeit?

Markus Del Monego: Beides trifft zu. Es ist eine Arbeit, die viel Spaß macht, aber teilweise auch hart sein kann. Es gibt schließlich qualitativ sehr unterschiedliche Weine, angefangen von hervorragenden Tropfen bis hin zu fehlerhaften Flaschen. Die wichtigste Aufgabe meiner Firma caveCo ist dabei, für jeden Kunden und jeden Geldbeutel eine entsprechend saubere und gute Qualität zu sichern. Dabei muss guter Wein kein Vermögen kosten. Eines ist aber sicher: ein schlechter Wein ist immer zu teuer, egal wie wenig er kostet. Und im Übrigen: Guter Geschmack ist keine Frage des Preises. Guter Geschmack fängt da an, wo Beliebigkeit aufhört.

Hans Martz: Wie muss man sich so ein Wein-Tasting bei ihnen vorstellen?

Markus Del Monego: Das ist ein sehr komplexer Prozess und ziemlich unromantisch. Wir sind ein Team von 16 Verkostern, die alle zertifiziert sind und es wird immer blind verkostet. D.h. die Verkoster sehen weder die Flasche noch den Wein, sondern nur das eingeschenkte Glas. Alles läuft in einem qualitätsgesicherten Prozess unter Laborbedingungen ab, denn wir müssen reproduzierbare Ergebnisse erzielen. Wir testen mindestens im 8-Augen-Prinzip, wobei es sich bei allen Verkostern um absolute Profis handelt, die sehr viel Erfahrung mitbringen. Alle Ergebnisse werden protokolliert und können so jederzeit nachvollzogen werden.

Hans Martz: Sie sind welt- und redegewandt, 4 sprachig ziemlich perfekt und mit hoher Expertise – das macht Sie zu einem international begehrten Ratgeber i.S. Wein. Woher kommt diese Sprachbegabung?

Markus Del Monego: Ich bin in einer dreisprachigen Region mit Dialekt aufgewachsen und meine erste „Fremdsprache“, die ich im Kindergarten lernen musste, war Hochdeutsch. Danach kamen dann in der Schule Französisch, Englisch und Latein dazu und da ich nun mal italienische Wurzeln habe, wollte ich aus hier einigermaßen sattelfest sein und habe italienisch gelernt. Durch meinen Beruf, der mich in die ganze Welt führt, bin ich jetzt ziemlich sprachsicher.

Hans Martz: Sie sind ein erfolgreicher Berater und Unternehmer – ein für Sommeliers eher ungewöhnlicher Schritt – was hat Sie bewogen, diesen Weg zu gehen und nicht in einem Drei-Sterne-Restaurant zu arbeiten? Markus Del Monego: Wein macht nicht nur im Dreisternetempel Spaß, sondern soll auch den Alltag ein wenig angenehmer machen. Schließlich hat jeder Konsument ein Anrecht auf ein ordentliches Glas Wein.

Hans Martz: Ihre Weinbeschreibungen sind legendär – wovon lassen sie sich dabei inspirieren?

Markus Del Monego: Es gibt keine „eindeutige“ Weinsprache, wir arbeiten mit Vergleichen. In einer visuell geprägten Zeit wie heute spielen die Bilder dabei eine große Rolle. Wenn aufgrund einer Weinbeschreibung ein lebendiges Bild entsteht, kann sich der Gast etwas darunter vorstellen. Dabei ist die moderne Bildsprache von Vergleichen mit Früchten und Pflanzen geprägt, Frische und Jugend sind Trumpf. Heute haben wir eine andere Aromenpräferenz als beispielsweise im 19. Jahrhundert. Damals standen häufig Wildgerichte auf dem Speiseplan und so hatte die Weinsprache viele Parallelen zur Sprache der Jagd.

Hans Martz: Warum ist es so schwierig, eine Prognose für einen neuen Jahrgang zu machen?

Markus Del Monego: Wenn man einen jungen Wein verkostet, hat man nur diese eine Basisinformation, wir sehen den jungen Wein also quasi im Rohzustand. Die Aromen sind noch nicht voll entwickelt. Je mehr Erfahrung man aber hat, das heißt, je mehr Weine man verkostet und über den Lebenszyklus begleitet, umso sicherer wird eine Prognose.

Hans Martz: Was war der beste Wein, den sie je getrunken haben?

Markus Del Monego: Das ist eine ganz schwierige Frage. Meine Philosophie ist: Der beste Wein ist der Wein, der in der jeweiligen Situation am besten passt. Oder – anders gesagt: Jeder Wein, der die Situation besonders macht.

Hans Martz: Heute werden viele große Weine gefälscht. Was sagen sie zu dem Thema: Plagiat oder Fälschung?

Markus Del Monego: Weinfälschungen sind kein neues Thema das gab es schon im alten Babylon. Aber in Zeiten, in denen ein großer Bordeaux durchaus teurer als ein € 500,- Schein sein kann, ist es natürlich viel einfacher, den Wein als den Schein zu fälschen. Hinzukommt, dass aus dem asiatischen Markt eine riesige Nachfrage nach den Top-Ikonen der Weinwelt kommt und somit der Anreiz für Fälscher deutlich gestiegen ist. In der Realität wird sogar für leere Originalflaschen manchmal ein hoher Preis geboten, um damit Fälschungen auf den Markt zu bringen. Daher: Bitte nur bei einem seriösen Händler kaufen!

Hans Martz: Was kann man dagegen unternehmen?

Markus Del Monego: Die großen Weingüter haben dieses Problem natürlich längst erkannt und arbeiten mit verschiedenen Methoden (codierte Versiegelungen, nicht sichtbare Kennzeichnungen der Originalflaschen usw.) daran, Fälschungen zu verhindern.

Hans Martz: Sie beraten u.a. auch die Lufthansa in der firstclass – verändert sich das Geschmackserlebnis oder gar der Wein selbst in 10.000 Meter Höhe?

Markus Del Monego: Ja, ganz eindeutig und inzwischen auch wissenschaftlich bestätigt. In dieser Höhe herrscht Tiefdruck, ein Luftdruck wie auf 2300 Metern Meereshöhe. Dadurch wird die Wahrnehmung der Aromen schwächer. Gleichzeitig spüren wir die Beschleunigung des Flugzeugs und die Vibration, das Geschmacksempfinden wird verändert. Wir nehmen Aromen, Zucker und Alkohol weniger intensiv wahr. Deshalb ist hier ein kräftigerer Wein oftmals der richtigere.

Hans Martz: Wenn Sie bei einer der großen Primeurproben im Bordeaux sind, wieviel Weine stehen dann auf dem Probiertisch?

Markus Del Monego: Bis zu 150 Proben pro Tag, 800 Proben in der Woche – da muss man schon eine gute Konstitution haben.

Hans Martz: Sie gehen in den berühmten Weingütern und Chateaus ein und aus und sind dort mehr als ein gern gesehener Gast – in vielen Chateaus gehören sie fast zur Familie. Worauf führen sie dieses enge Verhältnis zurück?

Markus Del Monego: Ich bin in jungen Jahren immer viel gereist und habe die Weinregionen erkundet. Diese Kontakte habe ich insbesondere in Europa immer gepflegt. Ich kenne viele Winzer und ihre Familien aus dieser Zeit persönlich und es ist wunderbar, dass hier über die Jahrzehnte viele freundschaftliche Verbindungen gewachsen sind, die heute unbezahlbar sind.

Hans Martz: Was war für sie das größte Weinerlebnis?

Markus Del Monego: Die Frage kann ich ganz eindeutig beantworten. Das ! emotionalste Weinerlebnis hat erst vor kurzen stattgefunden. Ich durfte einen Rüdesheimer Apostelwein aus dem Jahre 1727 trinken, der auch nach 6 Stunden im Glas noch unheimlich komplex war. Ein solches Ereignis hat man wahrscheinlich nur einmal im Leben. Es gibt sie also noch, die kleinen Wunder.

Hans Martz: Sie sind ja nicht „nur“ Sommelier, sondern auch Experte auf dem Gebiet der Sensorik. Was müssen wir uns unter einem „Díner Sensorique“ vorstellen?
Markus Del Monego: Das ist ein Spiel mit den Sinnen und dabei nähern wir uns der Frage, wie man die einzelnen Geschmackskomponenten auf der Weinseite mit den Speisen zusammenbringt. Hans Martz: Obwohl sie ständig in der ganzen Welt unterwegs sind, gibt es einen Ort, an dem sie besonders gerne sind?

Markus Del Monego: Ja, ich bin gerne Zuhause in Essen-Heisingen, das ist für mich ein ganz wichtiger Ruhepol oder in meiner alten Heimat Weil am Rhein. Hans Martz: Sie verstehen ja nicht nur etwas von Wein, sie sind auch als bislang erster Sommelier überhaupt auf „Blair Castle“ in den schottischen Highlands feierlich in den exklusiven Kreis der „Keepers oft he Quaich“ aufgenommen worden. Was hat es damit auf sich?

Markus Del Monego: Die Keepers halten die Tradition des schottischen Nationalgetränks aufrecht. Whisky hat mich immer fasziniert und ich habe diese große Ehre gerne angenommen, viele Freunde in Schottland gefunden und ein gutes Netzwerk dort aufgebaut.

Hans Martz: Wenn Sie gerade einmal nicht unterwegs sind, um Wein zu probieren oder eines Ihrer berühmten „Diner Sensorique“ zu zelebrieren, sieht man Sie häufig in der Philharmonie. Sind Sie deshalb vor einiger Zeit Mitglied im Freundeskreis Theater und Philharmonie geworden?

Markus Del Monego: Wein ist ja auch ein Stück Kultur und gehört für mich ebenso zu einer kulturellen Prägung wie Musik und Malerei. Ich möchte keines dieser Dinge missen und erfreue mich an allem, was die Lebensfreude anspricht. Der Freundeskreis ist für mich eine wichtige Quelle für Neuigkeiten und informative Tipps. Da ich oft unterwegs bin, fehlt mir manchmal die Zeit, mich hier zu informieren. Der Freundeskreis ist mir daher eine wichtige Quelle für Neuigkeiten und informative Tipps.

Hans Martz: Woran sollte sich ein „Nicht-Experte“ beim Weinkauf orientieren?

Markus Del Monego: Probieren geht über Studieren.

Hans Martz: Welche Lebensweisheit würden Sie unseren Lesern gerne mit auf den Weg geben?

Markus Del Monego: Das Leben ist zu kurz, um den falschen! Wein zu trinken.


Freundeskreis Theater und Philharmonie Essen e.V.

 

1852 haben sich die Träger bester Essener Namen zusammengetan, um dem „Verlangen nach dem Besitz eines kleinen Theaters Ausdruck zu verleihen. In der Fortführung dieses bürgerschaftlichen Engagements setzt sich der Freundeskreis seit mehr als 30 Jahren für die Erhaltung von Kunst und Kultur in Essen ein und trägt dazu bei, das kulturelle Niveau des Aalto-Theaters, der Philharmonie und des Grillo-Theaters auf europäischem Spitzenniveau zu halten. Zahlreiche Essener Unternehmen, Privatpersonen und wichtige Repräsentanten der Stadt Essen sind Mitglieder des Kreises.

Kontakt:
Freundeskreis Theater und Philharmonie Essen e.V.
Tel.: 0201-8001004
Email: info@freundeskreistup.de

 

Artikel von www.top-magazin.de/ruhr