Menschen

MOVE IT MAMA

Manchmal kommt es anders, als man denkt


Fitness statt Filmdrehs: Birte Glang nutzt in Kalifornien am Strand die Schauspiel-Pause, wird Vorturnerin für „Dickbäuchige“ und produziert „Move it Mama – the new Mama fitness guide“

 

Eigentlich wollte ich dieses Mal über meine erste große Rolle in einer amerikanischen TV-Serie berichten, und eigentlich wollte ich auch im deutschen Fernsehen als Polizeipsychologin für Furore sorgen. Alles war geplant, 2017 durchstrukturiert und die nächsten Stufen der Filmkarriere taten sich wie von selbst auf, und dann kam alles ganz anders …

Jetzt sitze ich hier, vorgebeugt über ein uförmiges Kissen, den Laptop auf einem niedrigen Wohnzimmertisch, habe alle Pläne absagen müssen, und nebenher bin ich auch noch zur Vorturnerin für Dickbäuchige mutiert. Wie passt das alles zusammen? Alles fing im Januar an: Übelkeit, furchtbare Müdigkeit und es wollte nicht aufhören.

Eine Ärztin stellte die Diagnose „verzögerte Lebensmittelallergien” – was auch immer das sein sollte. Jede Frau sollte eigentlich verstehen, dass es sich hier wohl eher um eine kleine Storchenpost handelte als eine Krankheit. Ich steckte aber bis über beide Ohren in Drehvorbereitungen und habe bis März gebraucht, um es zu begreifen … Überraschung: ich war schwanger!

Eine wunderschöne Überraschung und noch tolle Neuigkeit dazu, dass ich kerngesund bin. Doch mit all den Drehanfragen vor der Brust war da doch ein Hauch von „Wie geht das jetzt weiter? Das ist der absolut falsche Zeitpunkt …“

Und dann noch der Umgang mit der Presse: Schwangerschaft bekannt geben oder so lange wie möglich verschweigen? Wenn wir Schauspielerinnen die Schwangerschaft offenbaren, kann es passieren, dass wir für die nächsten fünf Jahre bei allen Filmproduzenten dieser Welt in der Schublade „Schwangerschaft und Mutti“ landen, d. h. keine weitere Beachtung und Besetzung für Filmrollen. Das Risiko wollte ich nicht eingehen, doch gerade beim Grimme-Preis in Marl dieses Jahr (ich habe darüber ja im Sommer in meiner Kolumne berichtet) fiel es mir dann besonders schwer, die Schwangerschaft noch zu verneinen. Den Bauch hatte ich zwar gut kaschiert, aber manche Journalisten haben einfach einen siebten Sinn. Und so entschuldige ich mich hier nochmal, dass ich einem sehr netten Herrn von der Presse nicht reinen Wein einschenken konnte. Zum Glück war das Versteckspiel im Mai zu Ende, und ich konnte nicht nur die Schwangerschaft mithilfe Deutschlands größter Boulevard-Zeitung und größter morgendlicher Fernsehshow offen kundtun, sondern gleichzeitig auch noch meinen aktuellen Job als Vorturnerin für Dickbäuchige verkünden.

Diejenigen, die mich noch joggend durch die Straßen von Erkenschwick und Recklinghausen in Erinnerung haben, wissen, dass ich leidenschaftlich gerne Sport treibe. Als Schwangere stellt man sich dann aber die Frage, ob das alles so gesund ist für die werdende Mama selber und das Ungeborene. Viele bombadieren dich mit gefährlichem Halbwissen, was erlaubt und was gefährlich ist. Es blieb mir also quasi nichts anderes übrig, als ein eigenes Fitnessprogramm zu entwickeln. Ich hatte ja ohnehin meine Projekte absagen müssen und mit einmal Zeit! Aus der Schnapsidee, auch anderen Frauen durch ihre Schwangerschaft und spätere Rückbildung zu helfen, wurden 760 Minuten Workouts und das erste Familienprojekt. Der Esel zuerst: Ich als Produzentin und Vorturnerin von „MOVE IT MAMA – The new mama fitness guide“. Der kleine Racker als stiller Beobachter im Bauch während aller Schwangerschafts-Workouts – die wir übrigens in sunny California drehen. Und mein Mann, bestens bekannt als DJ und Musikproduzent MOGUAI, als Verantwortlicher für die eigens dafür komponierte Musik.

Während andere ihren Ungeborenen also die FAZ vorlesen oder klassische Musik vorspielen, turnte der Kleine bei uns bis zu seiner Geburt im August munter im Rhythmus von MOGUAI-Klängen meine Fitness-Workouts mit. Glaubt man daran, dass die Unternehmungen der Mutter während der Schwangerschaft Einfluss auf das Baby im Bauch haben, bleibt ihm also nichts anderes übrig, als eine singende Sportmaschine zu werden. Und bis dahin liegt Cooper auf diesem u-förmigen Kissen und ernährt sich an meiner Milchbar. Nach so viel Sonne in Kalifornien wird es dann auch definitiv Zeit für einen Tapetenwechsel, ich spekuliere auf ordentlich Schnee zurück im Ruhrgebiet. Und falls es doch nur grau, kalt und matschig wird, freue ich mich trotzdem auf eine spannende Zeit im Pott. Doch dazu mehr in der Weihnachts-Ausgabe.

Eure Birte


Seit wenigen Wochen ist Birte Glang nun mit Söhnchen Cooper im Kinderwagen unterwegs

Birte Glang – Schauspielerin, Model, Juristin. Aufgewachsen im Kreis Recklinghausen, nun Pendlerin zwischen Berlin, Los Angeles und dem Ruhrgebiet. 2010 wurde sie mit ihrer Rolle in „Unter Uns“ (RTL) bekannt. Zwei Jahre später feierte sie bereits als weibliche Hauptrolle ihr Kinodebüt neben Comedian Kaya Yanar und Hollywoodstar Rutger Hauer.
Artikel von www.top-magazin.de/ruhr