Menschen

DIE STIMME DES REVIERS


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Ein Reporter wie aus dem Bilderbuch: Mit Schirmmütze und Mikro kennen die Menschen Werner Hansch als die „Stimme des Ruhrgebiets“

Wenn seine Stimme erklingt, dann wenden sich alle Köpfe. Suchen die Quelle. Dezent, aber spürbar neugierig: Wo ist er, ist er es wirklich, er muss es doch sein. So unverkennbar der Klang. Vor allen Dingen für Schalker. Jawohl: Er ist es. Werner Hansch, die Stimme des Ruhrgebiets. Legendärer Kommentator aus den Fußballstadien der Bundesliga, der Welt. Spross des Reviers, ihm bis heute treu. Und ein wandelnder Schatz an ganz besonderen Erinnerungen. Wie an jenen 21. Mai 1997. Der FC Schalke 04 tritt bei Inter Mailand an. Es geht um nichts weniger als den UEFA-Pokal. Das Hinspiel hat Gelsenkirchen 14 Tage zuvor schon 1:0 gewonnen, doch vor eigenem Publikum gelten die Italiener als Favorit. Am Mikrophon Werner Hansch, 13,6 Millionen Menschen haben SAT.1 eingeschaltet und lauschen seinem Kommentar. 1:0 für die Gastgeber nach 90 Minuten, eine torlose Verlängerung. Elfmeterschießen. Die Spannung ist kaum auszuhalten, der Mann am Mikrophon wird immer ruhiger, gibt fast nachdenklich seine Kommentare. Und beweist das richtige Gespür des erfahrenen Fußball-Reporters. Als sich Aron Winter den Ball gegen Schalke-Keeper Jens Lehmann zurechtlegt, wagt Hansch die Prognose: Warum bloß Winter, an dem ist doch das Spiel bisher vorbeigelaufen?! Er behält Recht: Der Mailänder verschießt, Schalke bejubelt den Pokal. Und der Reporter bekommt für seine Leistung in diesem denkwürdigen Spiel den renommierten Telestar-Fernsehpreis.

20 Jahre ist es nun genau her, dass das Fuß-ball-Revier Kopf steht: Denn genau eine Woche nach dem Coup der Königsblauen gelingt Borussia Dortmund gegen Juventus Turin in München der Gewinn der Champions-League. „Das wird es in 1000 Jahren nicht wieder geben“, sagt Werner Hansch, „dass zwei westdeutsche Fußball-Clubs nur 20 Kilometer Luftlinie entfernt in nur einer Woche die beiden wichtigsten europäischen Fußball-Trophäen gewinnen.“ Recht behalten wird er – „schon rein statistisch“, sagt er selber ein wenig verschmitzt. Und weiß ja, wenn es um Fußball geht, so genau wovon er spricht, wie kaum ein anderer. Dabei war dieses Spiel mit dem runden Leder nicht immer seine Leidenschaft.

Seine ersten Sporen verdient sich Werner Hansch als gebürtiger Recklinghäuser im Pferdesport, genauer als Sprecher bei Trabrennen. Das prägt. Wie sehr, bekommt der junge Mann zu spüren, als er einen unvermuteten Sondereinsatz leisten muss. Hans Schneider, Chef der Gelsenkirchener Trabrennbahn ist gleichzeitig Sprecher auf Schalke, noch in der altehrwürdigen Glückauf-Kampfbahn. Schneider ist eines schicksalhaften Tages 1973 unvorhergesehen verhindert und schickt Hansch kurzentschlossen als Vertretung los. So fremd dem auch dieser Fußball ist, die Ansagen beherrscht er ja von der Rennbahn und hebt also an: „Meine sehr geehrten Damen und Herren …“. Das Publikum stutzt. „… mit der Startnummer 1 sehen Sie Norbert Nigbur“. Die Fußballfans schütten sich aus vor Lachen und Werner Hansch hat etwas gelernt. Auch wer der Gegner bei diesem denkwürdigen ersten Sprecher-Einsatz im Februar 1973 ist. Der FC Bayern München. Mit Spieler-Legenden wie Katsche Schwarzenbeck, Gerd Müller, Sepp Maier und Franz Beckenbauer. Die Partie endet 1:1 und Hansch hat seine Visitenkarte so abgegeben, dass ihn der FC Schalke 04 später regelmäßig bei Heimspielen der Mannschaft ans Mikro bittet. Der Beginn einer neuen Freundschaft. Doch Hansch bleibt auch dem Pferdesport treu. Bis 1978. Da legt sich im Spätsommer beim Trabrennen in Gelsenkirchen eine Hand auf seine Schulter. Die gehört Kurt Brumme, Sportchef beim WDR-Hörfunk. Dem haben es die scharfen Augen des Kommentators angetan, und nicht nur die. „Sie haben eine tolle Stimme. Sie sollten sich bei mir bewerben“, spricht er und hinterlässt eine Visitenkarte. Am 4. November 1978 ist es soweit: Brummes Entdeckung von der Trabrennbahn kommentiert auf dem Sender sein 1. Fußballspiel: Eine Zweitliga-Partie zwischen Bayer Leverkusen und Preußen Münster vor 23000 Zuschauern. Kein Tor, aber vier rote Karten. All das schnurrt der heute 78-Jährige immer noch runter, wie aus einem Lexikon. Lange bleibt er nicht in der 2. Liga, beim WDR wird er die „Stimme des Ruhrgebiets“. Die holt schließlich Reinhold Beckmann 1992 in sein neues SAT.1-Fußballteam. Die ersten Tage dort hat Hansch in nahezu gruseliger Erinnerung: Das Studio residiert im Souterrain eines ehemaligen Schwimmbades im Dortmunder Norden. So unerträglich, dass die Reporter-Legende mit eigenen Kontakten eine neue Location akquiriert, am südlichen Rand der Stadt. Das bleibt sein Büro, noch über die Zeit beim Sender hinaus. Mitten drin im Revier erlebt er hautnah, als die Fußball-Euphorie 1997 nach zwei internationalen Erfolgen den gesamten Pott erfasst. Dem FC Schalke ist der 21. Mai in diesem Jahr ein doppeltes Gedenken wert: Dem sensationellen UEFA-Pokal-Sieg vor 20 Jahren und dem nicht minder sensationellen Trainer, der die Gelsenkirchener über viele Jahre erfolgreich coachte: Huub Stevens, der den Trainerbänken der Welt endgültig den Rücken kehrt. „Bedankt Huub“ ist darum das Jubiläums- und Abschiedsspiel überschrieben, auf den Tag genau am 21. Mai in der Schalke-Arena. Die dankt ihre Existenz einem weiteren „Urgestein“: Rudi Assauer. Nach Mailand trieb er den Bau voran, erinnert sich Werner Hansch, und legte damit den Grundstein für die erfolgreiche Zukunft des Clubs. Als Hommage an den großen Manager engagiert sich Hansch heute in der Assauer-Initiative für all diejenigen, denen die Demenzkrankheit ihre Erinnerung raubt.


Top-Magazin-Ruhr-Fruehjahr-2017-Werner-Hansch-3Es sind seine typischen Kommentare, die im WDR-Radio und später bei SAT.1 im Fernsehen Werner Hansch berühmt und unvergessen machten. Unter dem typischen Titel „Alles andere ist Schnulli Bulli!“ hat er Erinnerungen an „Mein verrücktes Reporterleben“ aufgeschrieben. Erschienen im Verlag die Werkstatt. Drei handsignierte Exemplare gibt es bei TOP RUHR zu gewinnen. Email mit dem Stichwort „Hansch“ an ruhr@top-magazin.de genügt. Teilnahmeschluss ist der 20. Mai. Aus allen Einsendungen werden drei Gewinner gezogen, die das Buch per Post erhalten. Darum: Eigene Anschrift nicht vergessen!

Artikel von www.top-magazin.de/ruhr