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Präsidentenamt für Dr. Stephan Holthoff-Pförtner

Dr. Stephan Holthoff-Pförtner ist Gesellschafter der Funke-Mediengruppe und seit November auch der neue Spitzenrepräsentant des Verbandes der Deutschen Zeitschriftenverleger.


Deutsche Zeitschriften-Verleger wählen Mann aus Essen an die Spitze

 

Herr Dr. Holthoff-Pförtner, Mitte Oktober wurde bekannt, dass Sie als Nachfolger Hubert Burdas für das Amt des VDZ-Präsidenten kandidieren. Was hat Sie dazu bewogen?

Dr. Stephan Holthoff-Pförtner: Zunächst einmal: Es ist eine große Ehre, für dieses Amt von der Delegiertenversammlung gewählt worden zu sein. In Zeiten des radikalen Umbruchs, wie wir sie gerade erleben, kommt Verbänden eine besonders wichtige Rolle zu. VDZ und BDZV vertreten die publizistischen, wirtschaftlichen und kulturellen Interessen unserer Branche vor allem gegenüber der nationalen, europäischen und internationalen Politik, aber zum Beispiel auch gegenüber anderen Unternehmen wie Google oder Facebook. Bei Themen wie Novellierung des Kartellrechts, Urheberschutz und Leistungsschutzrecht oder auch Werbeverboten kommt man nur im Zusammenschluss der Verlage voran. Ich würde gerne einen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit unserer Branche leisten.

 

Sie haben viele Jahre lang die Funke-Seite der damaligen WAZ-Gruppe als Sprecher gegenüber der damaligen Brost-Seite vertreten. Seit 2000 sind Sie als Erbe von Frau Holthoff selbst Verleger. War der Rollenwechsel in irgendeiner Weise problematisch?

Dr. Stephan Holthoff-Pförtner: Nein, es hat sich eigentlich weniger verändert, als Sie glauben. Ich bin schon seit den Achtzigerjahren in diesen Gremien, auch in der Vertretung der Interessen der Familie Holthoff. Dann gab es die Funke-Seite und die Funke-Sitzungen, und es gab die Brost-Sitzungen. Der Unterschied ist jetzt, dass sich eben eine Familie trifft und auch im Ton sehr familiär miteinander umgeht.

 

Dr. Stephan Holthoff-Pförtner aus Essen ist als Nachfolger von Hubert Burda der neue Präsident des Verbandes der Deutschen Zeitschriftenverleger

Dr. Stephan Holthoff-Pförtner aus Essen ist als Nachfolger von Hubert Burda der neue Präsident des Verbandes der Deutschen Zeitschriftenverleger

Wie hat man sich die Zusammenarbeit zwischen den zwei Verlegerinnen und Ihnen vorzustellen?

Dr. Stephan Holthoff-Pförtner: Sehr kollegial. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir in den drei Jahren, in denen wir diese neue KGaA haben, einmal kontrovers abgestimmt haben. Wenn wir keine Mehrheit finden, lassen wir es. Oder wir finden einen Konsens und einigen uns in der Sache.

 

Wie verstehen Sie Ihre Rolle als Verleger?

Dr. Stephan Holthoff-Pförtner: Das Wichtigste für mich ist, dass Funke als Marke für journalistische Unabhängigkeit, für verlässliche Recherche, für gesellschaftliche Verantwortung steht.

 

Der Begriff der Marke ist in der Medienwelt noch etwas Neues …

Dr. Stephan Holthoff-Pförtner: Ich kaufe das Produkt einer bestimmten Marke, weil ich weiß, was ich da bekomme. Ich liebe Vergleiche aus der Gastronomie: Sie können in einer bestimmten Weise kochen. Sie können bürgerlich kochen, südlich, französisch, was auch immer. Egal, was Sie kochen, eines dürfen Sie nie tun: Die Erwartung, die Sie wecken, enttäuschen! Das Wichtigste ist, dass Sie bei jedem Produkt Qualität liefern. Genauso ist es mit Zeitungen und Zeitschriften: Wir müssen bei allem, was wir tun, Qualität liefern. Ich wäre stolz darauf, wenn unsere Leserinnen und Leser sagen würden: „Das habe ich bei ,Funke’ gelesen, das stimmt, das erwarte ich da auch“. Oder: „Bei Funke-Zeitschriften werde ich gut unterhalten.“ Oder: „Auf den Funke-Plattformen bekomme ich guten Rat.“ Je nachdem, was das Produkt verspricht, muss es stets auf dem Niveau sein, das dem Anspruch der Marke gerecht wird. Das kann in den Inhalten sehr unterschiedlich sein. Aber es muss immer eine bestimmte professionelle Qualität besitzen. Darauf muss man sich verlassen können.

 

Die Gemeinschaftsmarke höre ich morgens im Radio: „…wie Frau Merkel gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe erklärte.“ Was hat Sie bewogen, in diese Richtung zu gehen?

Dr. Stephan Holthoff-Pförtner: Ich höre oft: „Das mit dem Funke, was soll das eigentlich? Funke kann man doch am Kiosk gar nicht kaufen.“ Das ist natürlich nur begrenzt wahr. Natürlich kann man das. Wenn man den jeweiligen Titel unserer Mediengruppe zuordnet, dann wissen unsere Leserinnen und Leser: „Ja, das ist ein Titel von Funke – und der ist gut.“ Auch die Wirkung nach innen ist wichtig: Ich sitze in Erfurt, der andere arbeitet in Dinslaken, der dritte in Ismaning. Trotzdem arbeiten alle an einem gemeinsamen Projekt – unter denselben Verpflichtungen, unter denselben Qualitätsansprüchen. Dieses gemeinsame Verständnis ist ganz wichtig.

 

Herr Dr. Holthoff-Pförtner, Sie haben mal gesagt, die vierte Gewalt sei für Sie die spannendste, die es gibt …

Dr. Stephan Holthoff-Pförtner: Ja, für mich persönlich ist sie das.

 

Sie haben im September auf der Grosso-Tagung in Baden-Baden eine Lanze für einen Journalismus gebrochen, der Hintergründe aufzeigt, Analysen liefert, in die Tiefe geht. Aber was nützt es mir, wenn ich eine Information zwar sehr schnell bekomme, aber ihre Bedeutung nicht verstehe, weil ich die Hintergründe und Implikationen nicht kenne? War das eine private Meinungsäußerung, die Ihr eigenes, persönliches Mediennutzungsverhalten charakterisiert?

Dr. Stephan Holthoff-Pförtner: Das war meine eigene Meinung. Ich bin vor einigen Tagen angerufen worden, der König von Thailand sei gestorben. Das ist die Nachricht, die kann ich auch auf dem Smartphone lesen. Aber was dadurch an Problemen entsteht, welche Schwierigkeiten auf die Bevölkerung zukommen und was das etwa für das Stadt-Land-Gefälle oder das Verhältnis von Militär zur Bevölkerung bedeutet, das erfahren Sie dann in Ihrer Zeitung. Sie liefert Hintergründe, Analyse, Einordnungen – ganz gleich übrigens ob Print oder Digital. Will sagen: Print und Digital ergänzen sich wunderbar. Ich will keinen Glaubenskrieg daraus machen. Ich möchte sicher sein, dass die Information tatsächlich anteilsmäßig von mir bezahlt wird und nicht von irgendwelchen Mächten, die ihre ganz eigenen Interessen verfolgen.

 

Was bedeutet das für die Strategie Ihres Hauses bei diesem Thema?

Dr. Stephan Holthoff-Pförtner: Für unser Haus bedeutet es, dass wir guten Journalismus auf allen Wegen unseren Lesern, Hörern und Nutzern anbieten. Wichtig ist aber auch, dass der Journalist von seiner Leistung leben kann. Denn das ist sein Beruf, davon leben Familien. Das muss so sein, sonst ist er nicht frei. Sobald er eine Stiftung oder einen Sponsor hinter sich hat oder irgendeinen, der ihn in seiner PR-Abteilung einsetzt, ist er nicht mehr frei und wird nicht mehr das schreiben, worauf seine Leserinnen und Leser einen Anspruch haben.

 

Das ist ein hervorragendes Stichwort. Sie haben in Baden-Baden zu Ihrem Selbstverständnis gesagt, dass das grundlegende Ziel für Ihre verlegerische Tätigkeit sei, gute Bedingungen für hochwertigen Journalismus zu schaffen.

Dr. Stephan Holthoff-Pförtner: Ja, in der Tat.

 

Die Funke-Mediengruppe ist in der Wahrnehmung der Fachöffentlichkeit in den vergangenen Jahren auch durch Kostensenkungsmaßnahmen hervorgetreten. Es gibt eine Zentralredaktion, es wurden Lokalausgaben eingestellt. Das weist ja auf einen gewissen Zielkonflikt hin: Einerseits hochwertigen Journalismus produzieren zu wollen und die Bedingungen dafür zu schaffen, andererseits sich gewissen wirtschaftlichen Erfordernissen auch zu stellen. Welche Lösungsmöglichkeiten sehen Sie für diesen Zielkonflikt?

Dr. Stephan Holthoff-Pförtner: „Funke steht für journalistische Unabhängigkeit“

„Funke steht für journalistische Unabhängigkeit“

Dr. Stephan Holthoff-Pförtner: Die Zentralredaktion bedeutet zunächst einmal eine Steigerung der journalistischen Qualität, nicht in erster Linie eine Kostenersparnis. Da ist eine neue, starke publizistische Stimme entstanden. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Zentralredaktion leisten hervorragende Arbeit. Aber natürlich müssen wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir erfolgreich am Markt sind: Wir müssen Produkte anbieten, die nachgefragt werden, und wir müssen unsere Kosten im Griff behalten. Nur so können wir auch künftig guten Journalismus anbieten.

 

Wir haben im Printsegment ein funktionierendes In-between (vgl. die Verbindung von Print und Digital der Editorial-Media-Kampagne des VDZ). Wie beurteilen Sie das?

Dr. Stephan Holthoff-Pförtner: Wenn wir das nicht in den Griff bekommen, werden sich unsere Gesellschaften völlig verändern. Wir werden einen kleinen, sehr gut informierten Kreis haben. Und es wird eine große Mehrheit in der Bevölkerung geben, die das Neueste immer als erste weiß, aber letztlich nichts oder wenig damit anfangen kann. Das kann in einer Demokratie nicht gut sein – denn natürlich muss man für eine Wahlentscheidung über ein gewisses Maß an Grundwissen verfügen, sonst wird dem Populismus Tür und Tor geöffnet. Pegida ist in gewisser Weise nichts anderes als eine Facebook-Party. Da kommen Menschen zusammen, die sich überwiegend über die Posts ihrer gleichgesinnten „Freunde“ informieren, und dann mit einer verengten und vereinfachenden Sichtweise auf die politischen Verhältnisse schauen. Das wird die Freiheit in unsere Gesellschaft einschränken. Ohne Freiheit ist aber alles nichts. Wenn die Gesellschaft sich ins Unfreie verändert und wir das erste Mal Schnappatmung haben, wissen wir, was wir verloren haben. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass unabhängiger Journalismus existenziell wichtig ist für die Freiheit unserer Gesellschaft.

Die Fragen stellten Peter Strahlendorf und Stefan Golunski von Der Neue Vertrieb (DNV)

Artikel von www.top-magazin.de/ruhr