Gesundheit

GUT GESCHLAFEN, SCHATZ ?

Eigentlich heißt es immer, alleine könne man besser schlafen. Mehr Ruhe, eigener Rhythmus, im Bett lesen – oder auch nicht – solange man möchte und vor allem kein Geschnarche. Trotzdem wird gesellschaftlich erwartet, dass Paare, die gemeinsam leben, sich auch das Bett teilen. Getrennte Schlafzimmer suggerieren schnell, dass etwas mit der Beziehung nicht stimmt. Manche schlafen vielleicht auch gerne oder lieber mit Hund oder Katze im Bett. Welcher Schlaf bringt die meiste Erholung? Sollte man das Bett besser teilen oder findet der Körper nur alleine die wahre Ruhe?


Gemeinsames Schlafen Historisch gesehen ist Schlaf eine gemeinschaftliche Angelegenheit. In der Antike und auch davor schliefen die Menschen gemeinsam. Unter Felsüberhängen auf Blättern und Gräsern, später auf dem Boden, um die Feuerstelle herum, auf Stroh oder Matten. Ein eigener Raum zum Schlafen war allenfalls reichen Leuten aus der Oberschicht vorbehalten. Das normale Volk teilte sich meist nicht nur den Raum zum Schlafen, sondern auch das Bett. Hier schliefen Familienmitglieder und Bedienstete. Erst ab dem 19. Jahrhundert wurde es zur Gewohnheit, in vornehmen Häusern separate Schlafzimmer herzurichten, die als privater und intimer Rückzugsort dienten.

 

Auch was die Tierwelt betrifft, ist Schlaf bis heute Gemeinschaftssache. So ist es für Primaten, also höhere Säugetiere, normal, in Gruppen zu schlafen. Doch hierzulande ist Gemeinschaftsschlaf weder verbreitet noch beliebt. Stattdessen heißt es seit Jahren immer wieder, man erhole sich im Schlaf am besten ganz alleine, besonders Frauen könnten viel ruhiger schlafen, wenn sie das Bett für sich hätten. Warum eigentlich?

Der Mediziner und Schlafforscher Dr. Henning Drews von der norwegischen Universität für Technik und Naturwissenschaften in Trondheim ging der Sache auf den Grund. In seinen Studien verglich er den Schlaf verheirateter Paare mit dem von unverheirateten. Dabei schliefen die verheirateten in der Regel gemeinsam, die anderen getrennt. Das Ergebnis seiner Untersuchungen: Paare, die das Bett teilten, hatten objektiv den besseren Schlaf. Das zeigte sich daran, dass bei ihnen der Anteil des REM-Schlafes, also des rapid-eye-movement-Schlafes, um zehn Prozent stieg, im Vergleich zu den einzeln schlafenden Probanden.

 

Paare, die das Bett teilen, haben objektiv den besseren Schlaf

 

Falsche Erkenntnisse

Die Annahme, alleiniger Schlaf bringe mehr Erholung, rührt von früheren Studien. Damals hatten Ergebnisse aus der Schlafforschung gezeigt, dass Paare, die nebeneinander schliefen mehr Bewegungen aufwiesen. So nahm man an, wenn sich jemand im Schlaf viel bewege, deute dies auf eine Wachphase hin, und dies wiederum bedeute, der Schlaf sei schlecht. Schlafforscher Drews bemerkte ebenfalls mehr Bewegungen im Paarschlaf, jedoch mit einem bedeutenden Unterschied: Die Bewegungen wirkten sich nicht auf die Schlafqualität aus, das konnte der Forscher anhand der Gehirnwellen überprüfen. Die Aktivität der Gehirnwellen gab ebenfalls Auskunft über den REM-Schlaf. Und ein Mehr dieser bedeutsamen Schlafphase kann definitiv als Pluspunkt gewertet werden, denn der sogenannte rapid-eye-movement-Schlaf ist enorm wichtig für den Organismus. Ohne ihn kann der Mensch nicht überleben.

Schlaf wird häufig unterschätzt. Dabei hilft er uns, gesund zu bleiben. Schlafstörungen erhöhen das Risiko einer psychischen Erkrankung um 50 Prozent. (Störer)

sanus per somnum

Was macht den REM-Schlaf so wichtig? Im REM-Schlaf finden besonders emotionsgeladene und bildhafte Träume statt. Die Muskulatur ist erschlafft, Blutdruck und Puls sind jedoch im Gegensatz zu den Tiefschlafphasen erhöht. Was diese Schlafphase vor allem bedeutsam macht, ist die Verarbeitung von Ereignissen, die über den Tag erlebt werden. So ermöglicht REM-Schlaf, dass man Eindrücke des Tages in das Gedächtnis einbaut, es findet eine sogenannte Gedächtniskonsolidierung statt. Außerdem ist der REM-Schlaf wichtig für die Regulation von Emotionen und hilft dem Menschen, belastende Ereignisse und Traumata besser zu verarbeiten. Man geht auch davon aus, so der Schlafforscher, dass eine REM-Schlafstörung der erste Weg zu einer echten Insomnie, also Schlafstörung, ist. Und wer unter manifesten Schlafproblemen leidet, hat ein doppelt so hohes Risiko, an einer psychischen Störung, wie Depression, zu erkranken.

Erholung und Partnerkontrolle

Das traditionelle Ehe- oder Partnerbett hat also definitiv seine Berechtigung. Gemeinsam schlafen ist mitnichten weniger erholsam als ein Bett für sich alleine zu haben. Dennoch gibt es – Ehe hin oder her – häufig verschiedene Einschlafrituale. Während ein Partner abends gerne vor der Flimmerkiste eindöst, liest der andere lieber. Einer von beiden geht gerne frühzu Bett, der andere ist eine Nachteule. Für manche gehört das Abendbier vor dem Zubettgehen zur Tradition, für den anderen lieber eine Runde Yoga oder Joggen. Dennoch führen all diese Unterschiede nicht automatisch zu schlechterem Schlaf. Im Gegenteil. Henning Drews stellte fest, dass die Schlafhygiene bei Paaren besser ist als bei einzeln Schlafenden. Schlafhygiene bedeutet, gewisse Dinge zu beachten, die guten Schlaf fördern, zum Beispiel im Dunkeln zu schlafen, keine zu warme Zimmertemperatur, rechtzeitig ins Bett zu gehen und beispielsweise nicht ständig vor dem Fernsehen einzuschlafen oder übermäßig viel Alkohol zu trinken.

Der Clou ist: Wer alleine schläft, braucht Selbstkontrolle, um all diese Dinge zu beachten, bei Paaren hingegen spielte die Selbstkontrolle keine Rolle. „Und darin sehen wir einen klaren Hinweis darauf, dass diese Kontrollfunktion in der Beziehung der Partner übernimmt“, schlussfolgert der Wissenschaftler.

Psychologische Einflüsse Die Frage, weshalb Paarschlaf im Gegensatz zum Einzelschlaf objektiv gesünder ist und die REM-Phase erhöht, wird derzeit noch erforscht. Henning Drews vermutet hier einen psychologischen Effekt, denn REM-Schlaf ist ein Schlafstadium, dass sehr empfindlich auf Stress reagiert. In stressigen Phasen wird der REM-Schlaf kürzer oder häufiger von kurzen Wachphasen unterbrochen. „Und wenn man einen Partner hat oder eine gute Beziehung und der Partner für einen Stressfreiheit, Geborgenheit, Sicherheit symbolisiert, dann ist es unschwer vorstellbar, dass der Schlaf stressfreier abläuft und damit auch der REM-Schlaf ruhiger.“Ein weiterer Punkt könnte die Körpertemperatur sein. Da REM-Schlaf stark von einer gleichmäßigen Körpertemperatur abhängt, könne sich auch hier ein Partner im Bett positiv auf die Regulation der Körpertemperatur auswirken, sodass der REMSchlaf weniger oft unterbrochen wird. Gemeinsam schlafen schadet also keineswegs der Gesundheit, sondern fördert sie. Voraussetzung ist natürlich, dass keiner der Partner stark schnarcht oder nachtwandelt. Und selbstverständlich spielt auch die Qualität der Beziehung eine Rolle beim gemeinsamen Schlaf.

Schlaf und Beziehungsqualität

Eine amerikanische Arbeitsgruppe untersuchte, inwieweit sich die Qualität der Beziehung auf das Schlafverhalten auswirkt und fand heraus, dass hier eine Wechselseitigkeit besteht. Also Schlaf hat beeinflusst, wie die Partner sich tagsüber zueinander verhalten und das Verhalten am Tag hat den Schlaf beeinflusst. Streitgespräche sind demnach direkt vor dem Schlafen wenig sinnvoll und sollten besser auf einen anderen Zeitpunkt verschoben werden.

 


 

Ansonsten gilt, wer eine respektvolle Beziehung führt, sich mit seinem Partner geborgen und sicher fühlt, hat guten Grund, mit ihm das Bett zu teilen. Ein völlig aufeinander abgestimmter Rhythmus ist hierfür nicht wichtig.

 

Artikel von www.top-magazin.de/bonn