Magazin Cover
Business

Steuerfalle „Anschaffungsnahe Herstellungskosten

Eigentümer von Kapitalimmobilien werden steuerlich benachteiligt, wenn sie zeitnah in die Modernisierung ihrer Gebäude investieren. Rechtsanwalt und Steuerberater Andreas Jahn erklärt, in welchem Umfang bestimmte Maßnahmen von der aktuellen Rechtsprechung betroffen sind − und welche Ausnahmen es gibt.


Vermieter von Immobilien können Aufwendungen für Objekte nicht sofort als Werbungskosten abziehen, wenn es sich um reine Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt. In diesem Fall dürfen Ausgaben nur im Rahmen der regulären Abschreibung (AfA) – in der Regel gestreckt über 50 Jahre – berücksichtigt werden.

Erhaltungskosten hingegen können steuerlich sofort abgezogen werden. Aber Achtung: Das gilt nach dem Gesetz nicht, wenn Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden und sie 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (sog. anschaffungsnahe Herstellungskosten). Damit werden zum Nachteil des Steuerpflichtigen sofort abzugsfähige Erhaltungskosten in Herstellungskosten umqualifiziert.

Welche Maßnahmen sind betroffen?

Als Steuerschädlich wirken sich bauliche Maßnahmen aus, durch die Mängel oder Schäden beseitigt werden oder durch die das Gebäude in einen zeitgemäßen Zustand bzw. einen höheren Standard versetzt wird. Dazu zählen u.a. die

  • Instandsetzung oder Erneuerung von Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlagen, Fußbodenbelägen, Fenstern und Dach,
  • energetische Fassadenverkleidung.

Ohne die gesetzliche Regelung wären das grundsätzlich sofort abziehbare Erhaltungskosten. Überschreiten diese Kosten die 15-Prozent-Schwelle, ist das steuerschädlich.

Was ist neu?

  • Neuerdings sollen auch Maßnahmen in die 15-Prozent-Schwelle einbezogen werden, die von vornherein Herstellungskosten sind, also gar nicht erst umqualifiziert werden müssen. Die Folge: Durch diesen unsystematisch aufgeblähten Anwendungsbereich wird die steuerschädliche 15-Prozent-Schwelle viel schneller überschritten.
  • Sanierungsmaßnahmen, um das Gebäude überhaupt erst bewohnbar oder vermietbar zu machen, waren schon immer nicht sofort abzugsfähig. Neuerdings sollen sie mit eigentlich unproblematischem Erhaltungsaufwand zusammenzurechnen sein. Auch dadurch wird die 15-Prozent-Schwelle viel schneller überschritten.
  • Außerdem sollen nunmehr grundsätzlich auch Schönheitsreparaturen (wie Tapezieren, Anstreichen von Wänden, Fußböden oder Heizkörpern) miteingerechnet werden, wenn sie innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden.
  • Unklar bleibt, wie zukünftig mit nachträglich eingetretenen Schäden (z.B. zerbrochene Scheiben, Rohrbruch, Heizungsdefekt) zu verfahren ist. Aufwendungen zu deren Beseitigung stehen in keinem Zusammenhang mit dem Kauf der Immobilie und müssten grundsätzlich sofort abzugsfähig sein. Allerdings will der Bundesfinanzhof solche Aufwendungen nur noch dann ausnehmen, wenn die Schäden „mutwillig durch Dritte“ verursacht wurden.

Wie ermittelt sich die 15-Prozent-Schwelle?

Bei einem aus mehreren Einheiten bestehenden Objekt ist nicht mehr auf das gesamte Gebäude, sondern auf den jeweiligen Gebäudeteil abzustellen, wenn das Gesamtgebäude in unterschiedlicher Weise genutzt wird (im Amtsdeutsch: „in verschiedenem Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen“).


Beispiel:

Anschaffung Wohn- und Geschäftshaus (Nutzungsanteile jeweils 50 %) für 750 T€, davon entfallend 500 T€ auf das Gebäude. Anschließende Renovierung des Ladenlokals für 50 T€ und der Wohnung für 10 T€. Folge: Obwohl der Gesamtaufwand die 15%-Schwelle nicht überschreitet, ist der Sanierungsaufwand für das Ladenlokal (50T€:250T€ = 20%) nicht sofort abzugsfähig, sondern nur der auf die Wohnung entfallende Anteil (10T€:250T€ = 4%).

Ausnahme: Erstattung durch Dritte

Werden Kosten durch Dritte erstattet (bspw. Zuzahlungen des Mieters), mindert dies den steuerschädlichen Aufwand. Das eröffnet Gestaltungsspielräume.

Ausnahme vom 3-Jahres-Zeitraum

Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind alle Baumaßnahmen in den 3-Jahres-Zeitraum einzubeziehen, die innerhalb dieses Zeitraums „ausgeführt“ wurden. Die Maßnahmen müssen weder abgeschlossen, abgerechnet noch bezahlt sein. Das soll „ungerechtfertigte Gestaltungen“ (z.B. Hinauszögern des Abschlusses von Baumaßnahmen oder der Abnahme, verspätete Bezahlung) vermeiden. Aber auch danach besteht noch eine Restunsicherheit bis zum Ablauf des 5. Jahres, wenn eine steuerschädliche „Sanierung in Raten“ unterstellt wird.

Ungeklärt: Längerfristige Wartungsintervalle

Üblicherweise jährlich anfallende Aufwendungen (Bsp. Wartungsarbeiten) sind unschädlich. Ungeklärt ist, wie längerfristige Wartungsintervalle oder die aufwändige Wartung gebäudetechnischer Einrichtungen (z.B. Aufzüge, Rolltreppen, Klima- und Lüftungsanlagen) oder der Austausch von Verschleißteilen im Zuge der Wartung zu behandeln sind. Erfolgen diese Wartungsarbeiten jährlich oder sind diese Maßnahmen erstattungsfähige Betriebskosten, sind sie wohl sofort abzugsfähig, ansonsten sind sie steuerschädlich.

Dürfen Kosten verschwiegen werden, um unter die 15-Prozent-Schwelle zu gelangen?

Im Normalfall freut sich das Finanzamt über „vergessene Kosten“, in diesem Fall jedoch wohl nicht. Hier zwingt die Pflicht zur wahrheitsgemäßen Darstellung des Sachverhalts in der Steuererklärung ausnahmeweise dazu, dem Finanzamt alle Kosten vollständig anzugeben.

 


Fazit:

Neben erheblichen Anwendungsschwierigkeiten führt die aktuelle Rechtslage zu seltsamen Konsequenzen:

  • Belohnt wird, wer eine gekaufte Immobilie erst noch mindestens drei Jahre marode weitervermietet.
  • Bestraft wird, wer sinnvolle Investitionen (bspw. eine energetische Sanierung) zeitnah vornimmt.

Ob das politisch vernünftig ist, steht auf einem anderen Blatt.

 

Zum Autor: Andreas Jahn ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und darüber hinaus Steuerberater bei MEYER-KÖRING Rechtsanwälte │ Steuerberater. Die Kanzlei mit Büros in Bonn und Berlin bietet hochspezialisierte Beratung in den wesentlichen Disziplinen des Zivil- und Wirtschaftsrechts.

 

 

 


Bild: fotolia.com

Artikel von www.top-magazin.de/